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Geld entscheidet über alles oder nichts

Die Rettung hängt vom Geld ab

„Sie werden natürlich einsehen, dass wir Sie nicht finanziell unterstützen können. Mein letzter Brief wird Ihnen vielmehr verdeutlicht haben, wie dringend unser Bedarf an Mitteln für Hilfe vor Ort ist.“

Nairobi/Rongai

Die Antwort des Sekretärs des Kenya Jewish Refugee Committee, Israel Somen, auf Paul Egon Cahns Bitte um Hilfe war einigermaßen reserviert: der junge Mann wollte dringend seine Eltern aus Köln nachholen, aber es fehlten ihm die £100, die zum Erwerb von Einreisegenehmigungen an das britische Kolonialamt in Mombasa zu entrichten waren. Die Finanzlage des Committee war bis aufs äußerste gespannt, so dass Somen dem jungen Mann nur raten konnte, bei der Einwanderungsbehörde in Nairobi einen ordnungsgemäßen Antrag einzureichen. Dieser hätte er zu beweisen, dass er in der Lage sei, für den Unterhalt seiner Eltern aufzukommen und dass er die Gebühr für die Genehmigungen entrichtet habe. Dann sei es immerhin möglich, dass die Behörde seinem Gesuch stattgeben würde, gesetzt den Fall, das Refugee Committee würde eine finanzielle Bürgschaft übernehmen. Auch dies, betonte Somen, sei von Paul Egon Cahns Fähigkeit abhängig, zu beweisen, dass die Eltern weder dem Committee noch der Lokalverwaltung finanziell zur Last fallen würden.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Paul Egon Cahn, AR 25431

Original:

Archivbox 1, Ordner 1

Source available in English

Die einzige Hoffnung

Afrika als Zufluchtsort

„Die einzige Hoffnung meiner Eltern, hinauszukommen, bin ich.“

Rongai/Nairobi

1903, infolge des Pogroms von Kischinew, erklärte sich die britische Regierung bereit, im damaligen “Protektorat Ostafrika,” dem heutigen Kenya, die Ansiedlung europäischer Juden zu gestatten. Aufgrund massiver Opposition innerhalb der zionistischen Bewegung kam es nicht zu einer Realisierung des Plans, der unter dem irreführenden Namen „Uganda-Plan“ bekannt ist. 35 Jahre später fand sich Paul Egon Cahn, der zuletzt in Köln gelebt hatte, in Rongai (Kenya) wieder. Nach den Novemberpogromen begann der 20jährige Kfz-Mechaniker, zu versuchen, auch seine Eltern aus Deutschland herauszubringen. Während sich europäische Siedler und Angehörige der lokalen indisch-stämmigen Bevölkerung der Einwanderung jüdischer Flüchtlinge entgegenstellten, erwies sich das “Kenya Jewish Refugee Committee”, das seine Einwanderung ermöglicht hatte, als hilfreich. So wandte sich der junge Mann an den Sekretär des Komitees, Israel Somen, um Hilfe: er brauchte dringendst die £100, die das britische Kolonialamt für zwei Einreisegenehmigungen berechnete.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Paul Egon Cahn, AR 25431

Original:

Archivbox 1, Ordner 1

Source available in English

Die Vertreibung polnischer Juden

Die Vertreibung polnischer Juden

Köln

Da es einen massiven Zustrom polnischer Juden aus dem von Nazi-Deutschland annektierten Österreich befürchtete, verabschiedete das polnische Parlament im März 1938 ein Gesetz, das es ermöglichte, Menschen die Staatsbürgerschaft abzuerkennen, die mindestens fünf Jahre außer Landes waren. Am 15. Oktober erging eine Verfügung, wonach nur Personen mit einem Prüfvermerk des polnischen Konsulats die Einreise gestattet sei. Die Verfügung sollte am 30. Oktober in Kraft treten. Angesichts der Anwesenheit von weit über 70.000 polnischen Juden im Reichsgebiet entschloss sich das Regime zu schnellem Handeln: Im Rahmen der sogenannten „Polenaktion“ vom 27. bis zum 29. Oktober wurden tausende polnischer Juden ausgewiesen. Viele dieser polnischen Staatsbürger hatten wenig oder überhaupt keine Verbindung zu ihrem Ursprungsland und nichts und niemanden, zu dem sie hätten zurückkehren können. Eines der Opfer der Aktion war Ida, die Haushälterin der Familie Schönenberg in Köln: Am 29. Oktober schreibt Dr. Schönenberg, seit drei Jahren Idas Dienstherr, an seinen Sohn Leopold in Palästina, wie sich die junge Frau mit gerade einmal 3 1/2 Stunden Vorwarnung bei der Polizei habe einfinden müssen. Ida war gebürtige Kölnerin und hatte einen Verlobten in Deutschland.

QUELLE

Institution:

NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln

Original:

Best. 46

Vom Schwur, niemandem zu schaden

Ein jüdischer Arzt sorgt sich wegen beruflicher Konsequenzen der Nazi-Gesetze

„Mir geht in diesen Wochen oft ein lateinischer Vers des Horaz durch den Kopf, der in deutscher Übertragung etwa so lautet: Und wenn die Welt zusammenstürzt, wird sie einen unerschütterten Mann erschlagen.“

KÖLN

Erstaunlich viele deutsche Ärzte hatten anscheinend nicht nur keine Skrupel, sich durch das Nazi-Regime vereinnahmen zu lassen, sondern unterstützten aktiv dessen rassistische und eugenische Grundsätze, wobei sie bequem außer Acht ließen, dass sie doch vorgeblich dem Hippokratischen Eid mit seiner Forderung, keinen Schaden zuzufügen, verpflichtet waren. Nicht genug damit, dass sie eine Ideologie verbreiteten, die Juden zu einer „Gefahr für die deutsche Rasse“ erklärte, schlossen medizinische Organisationen in Deutschland Juden aus und machten es ihnen zunehmend schwerer, ihren Unterhalt zu verdienen. Unter diesen Umständen überrascht es nicht, dass Dr. Max Schönenberg, ein Kölner Arzt, und seine Frau Erna, eine Musikerin, die Auswanderung ihres Sohnes Leopold 1937 nach Palästina unterstützt hatten, obwohl der Junge zu dem Zeitpunkt erst 15 Jahre alt war. In diesem Brief an seinen Sohn vom 18. September 1938 spricht Dr. Schönenberg verschiedene gewichtige Themen an, darunter die gerade erfolgte Entscheidung des Regimes, jüdischen Ärzten die Approbation zu entziehen und seine Ungewissheit hinsichtlich seiner beruflichen Zukunft (manche jüdischen Ärzte erhielten Erlaubnis, jüdische Patienten zu behandeln).

QUELLE

Institution:

NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln

Original:

Best. 46

Pessach-Ball mit „Kölner Jecken“

Die Zionistische Arbeiterbruderschaft sorgt für temporäre Heiterkeit unter deutsch-jüdischen Einwanderern

NEW YORK

Meist war die Jewish National Workers Alliance, unter welchem Namen die Zionistische Arbeiterbruderschaft bekannt war, mit ernsthaften Angelegenheiten beschäftigt: Unter anderem war sie bestrebt, die Arbeiterklasse zu stärken, und in wirtschaftlichen Notlagen, im Fall von Krankheit oder Tod ihrer Mitglieder, Hilfe zu leisten. 1911 hatte sie das erste Versicherungssystem für jüdische Arbeiter eingerichtet. Am 9. April 1938 wich sie von ihrer Kernaufgabe ab und hielt in der deutsch-jüdischen Hochburg Washington Heights in New York einen Pessach-Ball ab. Unter anderem wirkten an dem Programm „Kölner Humoristen“ mit – ein Gütezeichen unter deutschen Einwanderern, die mit Kölner Karnevalsnarretei vertraut waren, einer Tradition, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Veranstaltungsort war der Ballsaal der Paramount Mansion, in der verschiedene Institutionen zu Hause waren, die die Interessen deutsch-jüdischer Einwanderer förderten.

Flucht von Köln nach Kenia

Autoschlosser Paul sucht Sicherheit in Ostafrika

„Besond. Kennzeichen: keine“

Köln/Ol Kalou

Trotz der restriktiven Einwanderungspolitik der britischen Kolonialmacht gelingt dem zwanzigjährigen Autoschlosser Paul Egon Cahn aus Köln mit diesem Pass die Flucht nach Kenia. Pauls Schwestern Erika und Inge schaffen es, sich in England beziehungsweise Australien in Sicherheit zu bringen. Die Eltern der Geschwister, Siegfried und Renate Cahn, bleiben in Deutschland zurück. In vielen Fällen mussten die Emigranten nicht nur den Verlust von Heimat und Besitz und die Trennung von ihren Angehörigen verkraften, sondern sich auch den Herausforderungen fremder Klimazonen und Kulturen stellen.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Paul Egon Cahn, AR 25431

Original:

Archivbox 1, Ordner 10

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