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Widersprüchliche Botschaften

Die Nazi-Presseagentur verbreitet Fehlinformation

„Eine Untersuchung ergab, dass die Verlautbarung, die ankündigte, nach dem 1. Januar würden bestimmte Straßen, Hotels und Restaurants Juden wieder zugänglich sein und empört jede Andeutung zurückwies, das Reich beabsichtige die Einrichtung eines Ghettos, nur für den ausländischen Gebrauch veröffentlicht wurde.“

Berlin

Inzwischen war die Verbannung der Juden aus dem öffentlichen Raum weit fortgeschritten. Bereits 1933 waren jüdische Kulturschaffende aus dem staatlichen Kulturbetrieb entlassen worden. Seit dem 12.11. 1938 waren Juden auch als Publikum für „Darbietungen der deutschen Kultur“ nicht mehr zugelassen, wurden sie aus Konzertsälen, Opernhäusern, Kinos, Bibliotheken und Museen verbannt. Immer mehr Restaurants und Geschäfte verwehrten Juden den Zutritt. Am 12. Dezember 1938 wies die Jewish Telegraphic Agency auf eine auffallende Diskrepanz hin: Während das Deutsche Nachrichtenbüro, die zentrale, den Weisungen des Propagandaministeriums folgende Presseagentur des Reichs, im Ausland verbreitete habe, es sei ab dem 1. Januar 1939 mit der Lockerung gewisser anti-semitischer Maßnahmen zu rechnen, sei den Juden im Reich eher das Gegenteil kommuniziert worden. Aus einer Tatsache werde jedoch kein Hehl gemacht: das Ziel sei, sämtliche Juden zur Auswanderung zu veranlassen, „auch im Interesse der Juden selbst“, wie es das DNB formulierte.

Jahreschronik 1938

Aktion „Arbeitsscheu Reich”

Plakat des Reichsarbeitsdiensts, 1938.

Heinrich Himmler kündigt einen „einmaligen, umfassenden und überraschenden Zugriff“ auf die „Arbeitsscheuen” an. Arbeitsscheu waren demnach alle Männer im arbeitsfähigen Alter, die zweimal einen ihnen angebotenen Arbeitsplatz abgelehnt oder nach kurzer Zeit aufgegeben hatten. Mit der Durchführung dieser Aktion wird die Gestapo beauftragt, die die nötigen Informationen im Zusammenwirken mit den Arbeitsämtern besorgt. Vom 21. bis 30. April werden reichsweit zwischen 1500 und 2000 Männer als arbeitsscheu identifiziert und im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert. Ein Haftprüfungstermin ist erst binnen des zweiten Haftjahres vorgesehen.

Zur Jahreschronik 1938

Anti-Semitische Spottkarten

Die Verbreitung von Stereotypen per Postkarten

Deutschland

„Er bot ein Ross Du Kaufst nen Klepper, der Jude ist der schlimmste Nepper“ steht auf dieser, mit einem Poststempel vom 21. September 1938 versehenen Postkarte. Antisemitische Spottkarten waren bereits im Kaiserreich und der Weimarer Republik verbreitet und erreichten als einfach zu reproduzierendes Multiplikationsmittel Einfluss auf das Denken in der Bevölkerung. Eines der wohl ältesten Stereotype ist das Bild des geldgierigen Juden. Überall, wo Juden in der Wirtschaft tätig waren, wurde Ihnen von Antisemiten Wucherei und Betrug unterstellt. Durch die Nutzung antisemitischer Postkarten zur Übermittlung von privaten Grüßen erfuhren judenfeindliche Stereotype eine weitreichende gesellschaftliche Akzeptanz und bereitete damit den Nährboden für die Lösung der sogenannten „Judenfrage“, die bald schreckliche Realität wurde.

QUELLE

Institution:

Deutsches Historisches Museum

Original:

Anti-Semitic Postcard; Inv.Nr.: PK 96/417

„Juden ohne Maske“

Die NS-Zensur erklärt antisemitischen Film für „staatspolitisch wertvoll“

„Inhaltsangabe. Der Film bringt einen Querschnitt durch das jüdische Filmschaffen der Systemzeit [abwertende Bezeichnung für die Weimarer Republik] und zeigt die Notwendigkeit der Nürnberger Gesetze, die diese Zersetzungsarbeit in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht beendeten.“

Berlin

Sofort nach ihrem Aufstieg zur Macht im Januar 1933 begannen die Nazis, ihre Kontrolle auf alle Aspekte kulturellen Lebens in Deutschland auszudehnen. Als populäres Medium, das große Mengen von Menschen erreichen konnte und als jüdisch dominiert galt, war der Film für das neue Regime von zentraler Bedeutung. Bevor die Produktion eines neuen Films beginnen konnte, musste das Drehbuch eine Vorzensur durchlaufen. Das Endprodukt wurde von der Film-Prüfstelle, die dem Reichspropagandaministerium unterstellt war, strengstens untersucht. Die Nazis änderten die Beziehung des Staates zur Filmindustrie: Während bisher das Hauptanliegen gewesen war, Material zu zensieren oder zu unterdrücken, das als schädlich betrachtet wurde, wurde die Filmindustrie nun auch aktiv vom Staat als Vehikel der nationalsozialistischen Weltanschauung benutzt. Der antisemitische Film „Juden ohne Maske“, dessen Prüfkarte hier gezeigt wird, ist ein solcher Fall. Er bekam das Prädikat „staatspolitisch wertvoll“, durfte aber nur im Rahmen von Veranstaltungen der NSDAP, nicht aber vor Jugendlichen, vorgeführt werden.

QUELLE

Institution:

New Synagogue Berlin – Centrum Judaicum

Original:

Zensurkarte der Film-Prüfstelle Berlin für den NS-Propagandafilm „Juden ohne Maske“ (1937) ; CJA, 7.78

Der Stölpchensee

Das letzte öffentliche Schwimmbad für Juden in Berlin

Berlin/Stölpchensee

Bereits 1935 hatte die Parteipresse eine Kampagne geführt, Juden aus öffentlichen Schwimmbädern zu verdrängen, wobei auf „unliebsame Vorkommnisse“ verwiesen oder die Öffentlichkeit vor der „Gefahr“ gewarnt wurde, die angeblich von den Juden ausgehe. Fast überall wurden Schilder mit Aufschriften wie „Juden haben in diesen Anlagen keinen Zutritt“ aufgestellt. Der Stölpchensee, einer der Seen in der Umgebung Berlins, war das letzte öffentliche Schwimmbad, zu dem die Berliner Juden Zutritt hatten. Fritz und Friedel F. waren verheiratet und lebten in Berlin, wo Fritz Inhaber eines Lampengeschäfts war. Im Juni 1938 war das Wochenendhaus am Stölpchensee für die Familie noch immer ein Refugium von der Stadt und von antisemitischen Schikanen.

QUELLE

Institution:

Private Collection William J. Davidson

Original:

“From the Freudenthal Family Album”

Ein jüdisches Filminstitut?

Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda tut seinen Job

Berlin

Laut einem Bericht der Jewish Telegraphic Agency genehmigte das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda am 21. April die Einrichtung eines Jüdischen Filminstituts. Der Name war irreführend: Es war nicht zur kulturellen Bereicherung der jüdischen Öffentlichkeit gedacht. Der Hauptzweck des Instituts sollte die Produktion von Filmen sein, die das Leben in Palästina zeigten und deutsche Juden zur Emigration drängten. Mit anderen Worten, der Plan war ein weiterer Teil der Strategie der Nazis, Deutschlands Juden „aus dem Weg zu räumen“. Zur selben Zeit erklärte „Der Stürmer“, eines der schärfsten antisemitischen Blätter in Nazi-Deutschland, Juden müsse der Zutritt zu Kinos und Theatern verwehrt werden.

Jüdisches Geschäft

Ausgrenzung in Österreich

Wien

Diese Stereofotografie vom März 1938 zeigt ein Damenwäschegeschäft in Wien, auf dessen Schaufenster ein Aufkleber mit dem Schriftzug „Jüdisches Geschäft“ angebracht wurde. Unmittelbar nach dem vielfach umjubelten Einmarsch der Deutschen Wehrmacht am 12. März in Österreich begann für die dortige jüdische Bevölkerung eine Diffamierung, wie sie deutsche Jüdinnen und Juden bereits seit 1933 erlitten. Das Bild ist Teil der „Sammlung Schönstein“ am Deutschen Historischen Museum. Anfang der 1930er Jahre gründete der Nürnberger Otto Schönstein (1891-1958) seinen „Raumbild-Verlag“, in dem er Alben mit Stereofotografien verlegte. 1937 engagierte sich Heinrich Hoffmann, Hitlers „Leibfotograf“, in dem wirtschaftlich schwächelnden Verlag und nutzte ihn für die Verbreitung von NS-Propaganda.

QUELLE

Institution:

Deutsches Historisches Museum

Sammlung:

Stereofotografie eines jüdischen Geschäfts für Damenwäsche in Wien

Original:

Inv. Nr. Schönstein 4207

Zwischen Täuschung, Lüge und Propaganda

SS-Presseorgan verzerrt die Wirklichkeit der Juden in Deutschland

In zwanzig Jahren wird Deutschland vom größten Teil seiner jüdischen Bevölkerung frei sein, erklärt „Das Schwarze Korps“, das Organ von Kanzler Hitlers Elitetruppe, in seiner aktuellen Ausgabe in einem Leitartikel und beschuldigt die Juden, nicht auswandern zu wollen.

Berlin

Anfang 1938 war eine große Anzahl von Spekulationen hinsichtlich der Zukunft der Juden in Umlauf. Das offizielle SS-Organ „Das Schwarze Korps“ drückt beispielsweise die Vermutung aus, dass nach dem Ausschluss der Juden aus dem geistigen und politischen Leben der Nation die Möglichkeit einer räumlichen Trennung von der Mehrheit der Juden in etwa zwanzig Jahren kein bloßes Hirngespinst sei. Laut dieser Mitteilung, die durch die Jewish Telegraphic Agency (JTA) verbreitet wird, behauptet „Das Schwarze Korps“, die Juden seien nicht gewillt, Deutschland zu verlassen. Auch sei die „geringe Anzahl“ der jüdischen Auswanderer nicht etwa auf Devisen- und andere Probleme zurückzuführen sondern darauf, dass Juden in anderen Ländern keinen Finger zu krümmen bereit seien, um ihren Brüdern dort ein Zuhause zu geben. Tatsächlich hatten 1937 bereits etwa 130.000 Juden (von insgesamt etwa 600.000) das Land verlassen.

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