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Gemeinsames Sommerlager fördert Integration

Das American Friends Service Committee fördert die Integration jüdischer Flüchtlinge

„Von besonderer pädagogischer Bedeutung war die kooperative Durchführung aller Gemeinschaftsarbeiten. Sämtliche Teilnehmer verrichteten alle Arten praktisch-hauswirtschaftlicher Tätigkeit und wurden im Garten- und Feldbau unterwiesen. Die hierbei erworbene Gewöhnung an körperliche Arbeit war nicht nur pädagogisch wichtig, sie war zugleich eine ausgezeichnete Körperschule und hat, neben intensiv betriebenem Schwimmsport, die gesundheitliche Verfassung der Menschen gestärkt.“

Hyde Park, New York

Zahlreiche jüdische Organisationen, wie die Hebrew Immigrant Aid Society, German Jewish Children’s Aid und das Boston Committee for Refugees widmeten sich der Rettung von Flüchtlingen aus Nazi-Deutschland. 1938 war es eine nicht-jüdische Organisation, das American Friends Service Committee (Quäker), die sich ein besonders schönes Projekt einfallen ließ: von Mitte Juni bis Anfang September leitete es ein Sommerlager im Hudson-Tal für etwa 70 Personen, überwiegend jüdische Flüchtlinge aus Nazi-Deutschland und etwa ein Drittel Amerikaner. Indem sie gemeinsam arbeiteten, lernten und sangen, Haushaltspflichten teilten, Vorträge und Gottesdienste besuchten, miteinander Sport trieben und Spiele spielten, wurde das gegenseitige Kennenlernen gefördert. Der Verfasser dieses Artikels ist voller Dankbarkeit für das Projekt, das er als „bemerkenswerten Beitrag zur inneren Integration unserer Menschen“ bezeichnet.

Jüdische Leibesertüchtigung

Antwort auf ein antisemitisches Stereotyp

Frankfurt am Main

Ein klassischer antisemitischer Topos des 19. Jahrhunderts war die Vorstellung, Juden seien schwach, unsportlich und verweichlicht. Um diesem Stereotyp entgegenzuwirken, schuf der zionistische Arzt, Schriftsteller und Politiker Max Nordau auf dem 2. Zionistischen Kongress in Basel (1898) das Gegenkonzept des „Muskeljuden“: Anknüpfend an Vorbilder jüdischen Kämpfertums wie Bar Kochba und die Makkabäer, rief er zur Regeneration des jüdischen Volkes durch körperliche Ertüchtigung auf. Keine zwei Monate später wurde in Berlin der jüdische Sportverein Bar Kochba gegründet. Mehr und mehr jüdische Sportvereine entstanden, von denen viele der zionistischen Bewegung nahestanden. Die Ortsgruppe des Bar Kochba Frankfurt/Main wurde 1904 ins Leben gerufen. Eines seiner Teams posiert hier für die Kamera.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Bar Kochba, Frankfurt/Main, AR 11260

Original:

Archivbox 1, Ordner 1

Eine Wochenzeitung als Rettungsanker

Die „Aufbau“ liefert Tipps zum Neuanfang

„159. Str., 575 West, Apt. 22—Schön möbliertes Frontzimmer für 1 oder 2 Personen, fliessendes Wasser, preiswert.“

New York

Als der Zustrom von Flüchtlingen aus Nazi-Deutschland zunahm, wurde aus dem, was als Jubiläumsheft des German Jewish Club begonnen hatte, schnell eine professionelle Publikation und ein Rettungsanker für die Entwurzelten: Die Wochenzeitung war mit ihrer breiten Auswahl kultureller und sportlicher Aktivitäten unter Schicksalsgenossen ein seelischer Anker, bot aber auch praktische Hilfe bei der Niederlassung im neuen Land. Diese Ausgabe des „Aufbau“ vom Juni 1938 zeichnet sich durch eine große Anzahl von Wohnungsangeboten aus, meist für voll möblierte Zimmer, oft im Stadtteil Washington Heights im Nordteil Manhattans, wodurch Besitzern oder Hauptmietern etwas zusätzliches Einkommen eingebracht wurde. Gleichzeitig wurde erschwinglicher Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt, die in der Regel mit sehr wenig Geld und Besitz ankamen.

Henry Kissinger wird 15

In seinem Heimatort Fürth bekommt er den Ernst der Lage zu spüren

FÜRTH

Am 27. Mai feierte der fünfzehnjährige Heinz Alfred (später Henry) Kissinger seinen Geburtstag noch einmal in seinem Geburtsort Fürth. Heinz hatte die jüdische Volksschule und ein Gymnasium in seiner Heimatstadt besucht. Seit 1933 durften jüdische Kinder nicht mehr staatliche Schulen besuchen, so dass ihm und seinem jüngeren Bruder Walter nur die Israelitische Realschule offenstand. Auch anderswo machten sich die neuen Zeiten im Leben der Kinder bemerkbar: Plötzlich durften sie bei Besuchen bei den Großeltern in Leutershausen nicht mehr mit den anderen Kindern in der Altmühl schwimmen. Auch Heinz‘ Fußballbegeisterung wurde ein Riegel vorgeschoben: Juden war es untersagt, die Spiele der Spielvereinigung Fürth zu besuchen. Obwohl sein Vater Louis von seiner Stelle als Lehrer im Lyzeum mit Inkraftreten des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums im Jahr 1933 unbefristet beurlaubt worden war und zunehmende gesellschaftliche Isolation erfuhr, war er geneigt, durchzuhalten. Es war seiner Mutter Paula (geb. Stern) zu verdanken, dass Louis Kissinger im April 1938 Pässe beantragte und im Mai die Vorbereitungen der Familie zur Auswanderung auf Hochtouren liefen. Zum Glück waren Verwandte Paulas bereits vor 1933 in die Vereinigten Staaten ausgewandert und halfen nun mit der bürokratischen Vorarbeit.

Unentschieden

Hakoah Wien und jüdische Sportkultur

Wien

Das Spiel des Fußballvereins Hakoah Wien gegen den SV Straßenbahn Wien am 7. März endete mit einem 2:2. Die Mannschaft war Teil des berühmten jüdischen Sportvereins Hakoah Wien. Dieser war 1909 infolge der veränderten Einstellung innerhalb des liberalen Judentums zu Körper und Gesundheit gegründet worden. Der hier gezeigte Mitgliedsausweis gehörte einem der führenden Trainer des Vereins, dem Schwimmtrainer Zsigo Wertheimer. Wertheimer trainierte Ruth Langer, eine berühmte, damals fünfzehnjährige Schwimmerin, die es trotz ihres Erfolgs ablehnte, sich 1936 der österreichischen Olympiamannschaft anzuschließen.

QUELLE

Institution:

Jüdisches Museum Wien

Sammlung:

Mitgliedsausweis von Zsigo Wertheimer

Original:

Inv. Nr. 16776

Eine gleichgeschlechtliche Beziehung mit einem Juden

Gottfried von Cramm wird auf der Basis von §175 verhaftet

Berlin

Als gutaussehender, blonder, sportlicher Spross eines niedersächsischen Adelsgeschlechts besaß Gottfried von Cramm alle Merkmale, die bei den Nazis für Propagandazwecke hoch im Kurs standen. Doch der Tennis-Star – er hatte 1934 und 1936 das French Open gewonnen – weigerte sich ausdrücklich, sich als Aushängeschild der Naziideologie benutzen zu lassen und trat nie der NSDAP bei. Nachdem er sich wiederholt Gelegenheiten entzogen hatte, sich bei den Machthabern beliebt zu machen, war es jedoch eine andere Angelegenheit, die ihn in Schwierigkeiten brachte: Am 5. März 1938 wurde von Cramm aufgrund seiner homosexuellen Beziehung zu einem galizischen Juden, dem Schauspieler Manasse Herbst, für ein Vergehen gegen den berüchtigten §175 des deutschen Strafgesetzbuchs festgenommen. Die Nazis hatten den Paragraphen verschärft.

Deutschsprachiges Schlittschuhlaufen in New York

Klub für deutsch-jüdische Immigranten in den USA lädt zum Wintersport

Yonkers, New York

Unter den vielen Arten körperlicher Aktivität, die der „German-Jewish Club“ den Lesern der amerikanischen deutsch-jüdischen Zeitschrift „Aufbau“ anbot, wie z.B. Tischtennis, Skifahren, Schwimmen und sogar ein „Katerbummel“, war auch eine Einladung zum Schlittschuhlaufen im Tibbetts Brook Park in Yonkers, New York. Vielleicht erweckte eine vertraute Aktivität im Kreis anderer Deutschsprachiger an einem Ort, der ein Badehaus im Neu-Tudorstil zu bieten hatte, Erinnerungen an bessere Tage in Europa: Trotz ihrer traumatischen Erfahrungen unter dem Naziregime und ihres erzwungenen Weggangs fühlten sich viele deutsche Juden ihrer europäischen Heimat kulturell weiterhin zutiefst verbunden.

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