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Die Schlinge zieht sich zu

Die Reichsvertretung der Deutschen Juden appelliert an die Regierung

„Ein beträchtlicher Teil der Judenheit in Deutschland, die überwiegend aus älteren Menschen besteht, ist nicht imstande zu emigrieren und wird seine Tage in Deutschland beenden. Wenn er dem staatlichen Wohlfahrtswesen nicht zur Last fallen soll, darf er nicht vollkommen von allen Erwerbsmöglichkeiten ausgeschlossen werden. Selbst die Fortsetzung einer geordneten Auswanderung - und nur dies hält die Tore der Auswanderung offen - ist nur dann möglich, wenn die wirtschaftliche Existenzgrundlage der Juden nicht weiter beschränkt wird.”

Berlin

Die zunächst so genannte Reichsvertretung der Deutschen Juden war im September 1933 als Interessenvertretung gegründet worden. Nach dem Erlass der Nürnberger Gesetze musste sie sich in „Reichsvertretung der Juden in Deutschland“ umbenennen. Ihr Präsident war Rabbiner Leo Baeck. Infolge der zunehmenden Verarmung der jüdischen Bevölkerung, der systematisch die Erwerbsmöglichkeiten entzogen wurden, appellierte die Reichsvertretung der Juden in Deutschland an die Regierung, von weiteren Einschränkungen abzusehen: nicht genug damit, dass die fortschreitende Erwerbslosigkeit eine Belastung für das Wohlfahrtssystem bedeute, sie mache auch die Auswanderung unmöglich.

Normalität per Spielplan

Die Berliner jüdische Gemeinde: Zwischen praktischen und intellektuellen Bedürfnissen

Berlin

Die Januar-Ausgabe des Monatsblattes des Berliner Kulturbunds vermittelt ein Gefühl der Normalität: lokale Geschäfte werben für Waren und Dienstleistungen wie Kosmetikartikel, Damenmode und Autoreparaturen, während beim Kulturbund Eugene Scribes „Zweikampf der Liebe“ auf dem Spielplan steht. Die Komödie muss für eine willkommene Atempause von der besorgniserregenden Situation gesorgt haben.

„Gibt’s einen, der verlässlich ist?“

Theater als letzte kulturelle Zufluchtstätte

Berlin

Während Juden in Deutschland festgenommen oder zum Verlassen des Landes gezwungen wurden, gehörten die Aufführungen der Zweigstellen des Jüdischen Kulturbunds zu den wenigen Zufluchtsorten, wo Juden wie früher in den Genuss von Kultur kommen konnten. In der Spielzeit 1937/38 führte der Jüdische Kulturbund Berlin u.a. Tschaikowskis Eugen Onegin (Regie: Dr. Kurt Singer) und Scribes Zweikampf der Liebe (Regie: Fritz Wisten) auf. Seit 1935 war die Spielstätte des Kulturbunds das Theater in der Kommandantenstraße 57 (Kreuzberg), dem früheren Herrnfeld-Theater, in dem einst jüdisches Boulevard-Theater gespielt worden war.

Die Zeichen der Zeitung

Das Reisebüro in der Meinekestraße: Südamerika, Columbien, Ecuador, Bolivien, Peru, and Chile

„Nach Süd-Amerika Westküste, Columbien-Ecuador-Bolivien-Peru-Chile“

Hamburg

Wenn Zeitungsanzeigen die wichtigsten Bedürfnisse der Bevölkerung reflektieren, ist das Berliner Jüdische Gemeindeblatt ein perfektes Beispiel solcher Bedürfnisse in Krisenzeiten. Als sich 1938 die meisten in Deutschland verbliebenen Juden auf die Emigration vorbereiteten oder aktiv nach Wegen suchten, das Land zu verlassen, musste sich dies auch in der Presse niederschlagen. Anzeigen von Schiffahrtsgesellschaften dominierten die kommerziellen Seiten der Zeitungen. Die Haupt-Reiseziele deutsch-jüdischer Emigranten waren Palästina sowie Nord- und Südamerika.

Künstlerische Gängelung

Werner Dambitsch und sein „Excentric Jazz Orchestra"

Dieser Ausweis berechtigt zur Mitwirkung bei jüdischen Veranstaltungen. Der Inhaber ist zur Betätigung zugelassen, ohne dass der Reichsverband für eine Beschäftigung garantiert.

Breslau/ Berlin

Werner Wilhelm Dambitsch wurde am 23. Juni 1913 in Breslau (heute Wrocław, Polen) geboren. Von frühester Jugend an war Werner an Musik interessiert, aber sein erstes Instrument, ein Saxophon, musste sich der Neunzehnjährige 1932 mit selbstverdientem Geld kaufen. Gemeinsam mit vier Freunden gründete er das “Excentric [sic] Jazz Orchester”. Um auftreten zu können, musste die Combo dem “Reichsverband der jüdischen Kulturbünde in Deutschland” beitreten und wurde gezwungen, sich in “Erstes jüdisches Jazz-Orchester” umzubenennen. Während die Organisation kein geregeltes Einkommen und Beschäftigung garantierte, ermöglichte sie den Künstlern doch zumindest, bei Veranstaltungen für das jüdische Publikum aufzutreten.

Selbsthilfe in düsteren Zeiten

Aus der allgemeinen Arbeitswelt ausgeschlossen, schaffen Juden ihre eigenen Hilfswerke

„Aus der allgemeinen Arbeitswelt ausgeschlossen, schaffen Juden ihre eigenen Hilfswerke”

Berlin

Nach der Verabschiedung der Nürnberger Gesetze 1935 wurden Juden von der Unterstützung durch die „Deutsche Winterhilfe“ ausgeschlossen und mussten ein eigenes Hilfswerk organisieren. Die Gesetzgebung der Nazis machte es immer schwieriger für Juden in Deutschland, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Jüdische Winterhilfe sprang in die Bresche und versorgte die verarmten Mitglieder mit Lebensmitteln, Medizin und Heizmaterial. Die Aufnahme zeigt ein Benefizkonzert zugunsten der Jüdischen Winterhilfe.

 

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