External links are disabled on the kiosk. Please visit archive links from desktop or mobile devices.

Das Israelitische Krankenhaus in Hamburg

Trotz Untergrabung durch die Nazis läuft der Krankenhaus betrieb

„Zur freundlichen Erinnerung an gemeinsame Jahre im I.K.“

Hamburg

Auf diesem Bild ist die Fassade des Israelitischen Krankenhauses in Hamburg zu sehen. Das Foto gehört zu einem Album, dem eine Inschrift vom 29. Mai 1938 vorangestellt ist. Das Krankenhaus wurde von dem Kaufmann und Bankier Salomon Heine, auch bekannt als der „Rothschild von Hamburg“, im Andenken an seine Frau Betty gestiftet und 1843 in Betrieb genommen. Der Dichter Heinrich Heine, ein Neffe und Protégé Salomons, ehrte den Anlass mit seinem Gedicht „Das neue israelitische Hospital zu Hamburg“, in dem er es „Ein Hospital für arme, kranke Juden, Für Menschenkinder, welche dreifach elend, Behaftet mit den bösen drei Gebresten, Mit Armuth, Körperschmerz und Judenthume!“ nannte. Obwohl die Nazis die Finanzen des Hospitals seit 1933 untergruben, hatte es diesen Maßnahmen standgehalten und konnte im Mai 1938 noch immer seine Patienten versorgen.

Schneller und schneller

Leo Baeck wird 65

„Dieses Jahr wird ein schwieriges sein; das Rad dreht sich schneller und schneller. Es wird unsere Nerven und unsere Fähigkeit zu sorgfältigem Nachdenken auf die Probe stellen.“

Berlin

Bereits in April 1938 hatte Rabbiner Leo Baeck, der Präsident der Reichsvertretung der Juden in Deutschland und damit der Hauptrepräsentant des deutschen Judentums weitsichtig geschrieben: „Dieses Jahr wird ein schwieriges sein; das Rad dreht sich schneller und schneller. Es wird unsere Nerven und unsere Fähigkeit zu sorgfältigem Nachdenken auf die Probe stellen.“ Baeck hatte als Feldgeistlicher im Ersten Weltkrieg gedient und muss als Patriot vom erzwungenen Niedergang des deutschen Judentums tief getroffen gewesen sein. Angesichts der Verarmung weiter Teile der jüdischen Bevölkerung, der Beschneidung jüdischer Rechte und der Abdrängung der Juden an den Rand der Gesellschaft und keinerlei Aussicht auf Besserung war Leo Baecks 65. Geburtstag am 23. Mai vermutlich eine triste Angelegenheit.

Betty Blum kämpft für ihren Sohn

Blick in die USA nach Verlust der Arbeitsstelle in Wien

Bruno, mein ältester Sohn, trägt seit Jahren zu unserem Unterhalt bei. Nun, nachdem er seine Stelle verloren und keine Aussicht auf eine neue hat, beabsichtigt er, das Land zu verlassen. Doch leider verschließen sich fast alle Länder vor Einwanderern. Daher sehe ich keine andere Möglichkeit als zu versuchen, eine Einreisegenehmigung in die Vereinigten Staaten zu bekommen.

Wien/New York

Unmittelbar nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Österreich waren jüdische Geschäfte und Firmen der Leitung „arischer“ Kommissare übergeben worden. Im Verlauf dieser „Arisierung“ – tatsächlich die Enteignung und der Raub jüdischen Besitzes – hatte der 30jährige Bruno Blum nach kaum mehr als vier Jahren seine Stelle bei der „Wiener Margarin-Compagnie“ verloren. Da sie begriff, wie gering die Chancen ihres ältesten Sohnes waren, unter dem Naziregime eine neue Stelle zu finden, wandte sich Betty Blum an ihren Cousin Moses Mandl in New York um Hilfe mit einer Bürgschaft. Als sie keine Antwort bekam, schrieb sie diesen Brief an ihren Neffen Stanley Frankfurter, um ihn zu bitten, Moses Mandl zuzureden oder mit der Bitte um Unterstützung an die Hebrew Immigrant Aid Society (HIAS) heranzutreten.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Blum Family, AR 25132

Original:

Archivbox 1, Ordner 5

Möbel für Auswanderer

Werbeanzeigen spiegeln die Bedürfnisse der Zeit

Karlsruhe

Drei gut sichtbar plazierte Anzeigen auf der Titelseite des „Jüdischen Gemeindeblatts für Baden“ stellen klar heraus, was die Gemüter deutscher Juden im April 1938 bewegt: Das Thema „Auswanderung“ ist allgegenwärtig. Drei Firmen in Karlsruhe bieten Waren und Dienste in diesem Zusammenhang, wie Schiffskarten nach Südamerika, Afrika und Asien, Möbel für Auswanderer und Hausverkäufe. In der Ausgabe vom 27. April kommt das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zur Sprache: Das Schrumpfen der Gemeinden durch den Wegzug der Mitglieder, Englischkurse für künftige Auswanderer, der Weggang geschätzter Führungspersönlichkeiten, praktischer Rat, wie man während des Emigrationsprozesses die Unterstützung jüdischer Hilfsorganisationen erlangen könne, und mehr. Parallel dazu scheinen die Dinge in ihren gewohnten Bahnen zu verlaufen: Lehrhaus-Aktivitäten, Schülerkonzerte und Kulturbund-Veranstaltungen bilden ein Gegengewicht zur Anormalität der Situation.

Knechtschaft und das Fest der Befreiung

Jugendliche feiern Pessach

Berlin

1938 fiel der erste Tag des Pessach-Festes auf den 16. April. Wie jedes Jahr versammelten sich die Bewohner des Jüdischen Jugendwohn- und Lehrlingsheims in Berlin um einen festlich gedeckten Tisch zum zweiten Seder. Unter der engagierten Leitung Paul und Friedel Josephs versorgte das Heim seine Schützlinge mit Gelegenheiten, die weit über das Praktische, wie Unterbringung und Berufsausbildung, hinausgingen: Sie bemühten sich, ihnen kulturelle und intellektuelle Impulse zu verschaffen und ihre Horizonte zu erweitern. Die Jungen und jungen Männer im Alter von 14 bis 21 waren als „schwer erziehbar“ aus ihren Elternhäusern entfernt worden. Laut Friedel Joseph spielte sich das Leben im Heim zu diesem Zeitpunkt noch „relativ unbehelligt“ ab, aber die politische Situation kann seinen Bewohnern nicht entgangen sein: Die Pessach-Botschaft der Befreiung aus der Knechtschaft unter einem tyrannischen Herrscher muss in diesem Jahr starken Nachhall gefunden haben.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Heinrich Stahl, AR 7171

Original:

ALB 69

50.000 Mazzen

Jüdische Winterhilfe ermöglicht verarmten Juden die Speisevorschriften zur Pessachwoche einzuhalten

Berlin

Die besonderen Speisevorschriften für die Pessachwoche bedeuteten eine zusätzliche finanzielle Belastung für die deutschen Juden, von denen viele Mühe hatten, über die Runden zu kommen. Die Jüdische Winterhilfe verteilte 50.000 Mazzen an bedürftige Juden und ermöglichte etwa 1000 Personen die Teilnahme an den beiden Sederabenden. Die Spender der Pessachsammlung der Winterhilfe erhielten ein Exemplar von Rabbi Selig Bambergers Übersetzung der Haggadah, deren Inneneinband mit einem Etikett versehen war, auf dem für die Spende gedankt wurde. Dieses Foto von Feiertagszubehör stammt aus einem Album Heinrich Stahls, des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, der die Jüdische Winterhilfe gemeinsam mit Rabbiner Leo Baeck 1935 bei einer Veranstaltung in Berlin ins Leben gerufen hatte.

Ein besonderes Geburtstagsgeschenk

Kinder des Ahawah-Heims danken Heinrich Stahl für seinen Einsatz

Berlin

Heinrich Stahl, seit 1934 Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, war stark engagiert in der Arbeit der verschiedenen jüdischen Hilfsorganisationen, für die wachsende Nachfrage bestand, je mehr sich der Nationalsozialismus stark machte. Am 13. April 1938, seinem 70. Geburtstag, wurde ihm im Namen des Kinderheims „Ahawah“ ein Geschenk überreicht: ein Fotoalbum, das die breite Palette der Aktivitäten zeigte, denen die Schützlinge dieser außergewöhnlichen Einrichtung nachgingen (s. 17. März). Es schloss mehrere Fotos aus der neuen Niederlassung ein, die 1934 in Palästina eröffnet worden war. Die aufrichtige Wärme und Dankbarkeit, die durch die gereimte Widmung hindurchscheinen, zeigen, wie sehr sich Stahl für die Interessen der „Ahawah“ einsetzte.

Pessach-Ball mit „Kölner Jecken“

Die Zionistische Arbeiterbruderschaft sorgt für temporäre Heiterkeit unter deutsch-jüdischen Einwanderern

NEW YORK

Meist war die Jewish National Workers Alliance, unter welchem Namen die Zionistische Arbeiterbruderschaft bekannt war, mit ernsthaften Angelegenheiten beschäftigt: Unter anderem war sie bestrebt, die Arbeiterklasse zu stärken, und in wirtschaftlichen Notlagen, im Fall von Krankheit oder Tod ihrer Mitglieder, Hilfe zu leisten. 1911 hatte sie das erste Versicherungssystem für jüdische Arbeiter eingerichtet. Am 9. April 1938 wich sie von ihrer Kernaufgabe ab und hielt in der deutsch-jüdischen Hochburg Washington Heights in New York einen Pessach-Ball ab. Unter anderem wirkten an dem Programm „Kölner Humoristen“ mit – ein Gütezeichen unter deutschen Einwanderern, die mit Kölner Karnevalsnarretei vertraut waren, einer Tradition, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Veranstaltungsort war der Ballsaal der Paramount Mansion, in der verschiedene Institutionen zu Hause waren, die die Interessen deutsch-jüdischer Einwanderer förderten.

Solidarität, Selbstorganisation, Spendensammeln

Jüdische Wohlfahrtsorganisationen fangen viel auf

Berlin

1938 war die Fähigkeit der Juden, in Deutschland ihren Lebensunterhalt zu verdienen, erheblich eingeschränkt: Eine Reihe von Gesetzen zielte darauf ab, sie zu demütigen, zu isolieren und in die Armut abzudrängen. Während nicht alle Juden in gleichem Maß von diesen Veränderungen betroffen waren, nahm die Anzahl der Juden, die auf die Dienste von Wohlfahrtsorganisationen, wie z.B. die jüdische Winterhilfe, angewiesen waren, ständig zu. Das Ausmaß der Solidarität und die Unterstützung für die Winterhilfe waren bemerkenswert. Ein großer Teil des Geldes kam aus Kleinspenden, und der Kulturbund gestaltete kulturelle Veranstaltungen, um die Organisation zu unterstützen. Freiwillige aus Frauen- und Jugendorganisationen halfen beim Spendensammeln.

Frauenrechte sind Menschenrechte

Der Jüdische Frauenbund berät junge Frauen bei der Ausreise

Berlin

Lange Zeit war die Sicherstellung der Würde und Unabhängigkeit jüdischer Frauen und ihr Schutz vor Menschenhändlern ein zentrales Anliegen des Jüdischen Frauenbundes. Der 1904 gegründete Verein unterstützte junge Frauen, in dem er es ihnen ermöglichte, eine Berufsausbildung absolvieren. Inzwischen hatten sich andere Themen in den Vordergrund gedrängt: Am 22. März lud die Gruppe berufstätiger Frauen innerhalb des Bundes, vertreten durch Käthe Mende, zu einem „Aussprache-Abend“ für weibliche Jugendliche ein, bei dem Berufs- und Auswanderungsfragen diskutiert werden sollten. Die Gastrednerin war Lotte Landau-Türk; Prof. Cora Berliner, eine frühere Angestellte im Reichswirtschaftsministerium und Professorin für Wirtschaftswissenschaften, die nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 aus dem Staatsdienst entlassen worden war, moderierte die Diskussion.

QUELLE

Institution:

New Synagogue Berlin – Centrum Judaicum

Sammlung:

Einladung zu einer Veranstaltung der Gruppe berufstätiger Frauen im Verband Berlin des Jüdischen Frauenbundes zum Thema „Berufs- und Auswanderungsfragen für die weibliche Jugend“

Original:

CJA, 1 C Fr 1, Nr. 31, #9835, Bl. 32

Der Name ist Programm

Das Kinderheim "Beit Ahawah" schenkt jüdischen Kindern Geborgenheit in Berlin—und darüber hinaus

Berlin

Das als übermäßig autoritär bekannte preußische Erziehungssystem hatte traditionell auf Gehorsamkeit und Pflichterfüllung abgezielt, wobei den Kindern oft frühzeitig die Flügel gebrochen wurden. Im Kinderheim „Ahawah“ (hebr. für „Liebe“) auf der Auguststraße in Berlin-Mitte herrschte ein anderer Geist: Die Kinder durften in einem „Kinderrat“ mitentscheiden, sie sollten zu Staatsbürgern, nicht zu Untertanen erzogen werden. Körperliche Bestrafung war verboten und alle Mitarbeiter waren dazu angehalten, die Atmosphäre eines echten Zuhauses zu schaffen. Beate Berger, eine Krankenschwester und Leiterin des Heims seit 1922, nahm eine Gruppe von Kindern mit sich, als sie 1934 nach Palästina emigrierte und kehrte in den folgenden Jahren oft nach Deutschland zurück, um weitere Kinder zu retten. Die Fotos zeigen kostümierte Kinder bei der Purimfeier des Heims.

Parochet, tiefblau

Die letzten Tages des Jüdischen Blindeninstituts in Wien

Wien

Diese dunkelblaue Parochet (Torahvorhang) gehört zur Sammlung des Israelitischen Blindeninstituts in Wien. Die Anstalt wurde 1871 mit dem Ziel gegründet, blinden jüdischen Schülern eine Berufsausbildung zu ermöglichen. Die von ihr vermittelten Berufe reichten von manuellen Tätigkeiten bis hin zum Übersetzen und Dolmetschen. Aufgrund ihres hervorragenden Rufes zog die Schule Schüler nicht nur aus Österreich, sondern fast aus dem gesamten europäischen Ausland an. Am 4. März erlebte die Institution einen ihrer letzten Tage ungestörter Aktivität.

QUELLE

Institution:

Jüdisches Museum Wien

Sammlung:

Parochet

Original:

Inv. Nr. 2837

Uruguay als gelobtes Land

Der Elektriker Wainstein plant die Emigration nach Montevideo

Berlin

Im Frühjahr 1938 traf der Berliner Elektroinstallateur Moses Wainstein Vorbereitungen, um sich dem steten Strom jüdischer Emigranten anzuschließen. Ziel war das ferne Montevideo. Der geplante Reiseweg sollte von Berlin nach Marseille führen, von wo aus er sich nach Südamerika einschiffen wollte. Das nötige französische Transitvisum wurde ihm am 1. März erteilt. Uruguay galt als Land mit starken demokratischen Traditionen, wenig Druck zur Anpassung auf die Neuankömmlinge und guten Aussichten für Handwerker. Jüdische Hilfsorganisationen und Reiseagenturen berieten Emigrationswillige bei der Wahl der neuen Heimat, zur bestmöglichen Route und bei der Beschaffung der notwendigen Papiere.

QUELLE

Institution:

Deutsches Historisches Museum

Sammlung:

Transitbescheinigung der Reederei „Chargeurs Réunis & Sud Atlantique“ für Moses Wainstein zur Durchreise durch Frankeich

Original:

Inv. Nr. Do2 89/1008.6

„Nur keine Angst, ich werde es schon schaffen!“

Mit der Jugend-Alija treten Kinder die Reise nach Palästina an

“Joy and pain are fighting against each other, as are courage and fear, mourning and hopefulness. One cries, the other laughs. Here the pain of separation is stronger, there the self-painted picture of the future outshines all grief of separation.”

Berlin

Kaum waren die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 an die Macht gekommen, gründete Recha Freier in Berlin die „Jüdische Jugendhilfe“, die bald unter dem Namen „Jugend-Alija“ bekannt wurde. Das Ziel der Organisation war, jüdische Kinder, die die Grundschule hinter sich hatten, in Palästina in Sicherheit zu bringen. In der Jugendbeilage des „Israelitischen Familienblattes“ vom 17. Februar 1938 werden die Gefühle der Kinder beim Aufbruch nach Eretz Israel beschrieben: Nicht nur mussten sie mit dem Abschied von Eltern und Familie fertigwerden, sondern auch mit der Ungewissheit, was die Zukunft bringen würde.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

“Aufbruch der Jugend”, B1032

Original:

Jg. 4, Nr. 2

25 Pfennige

Jüdische Winterhilfe lindert bitterste Armut mit Pflichtbeitrag für Juden in Deutschland

„In gewissen Gemeinden dieser Bezirke beträgt die Anzahl der Notleidenden 40 bis 90 Prozent der gesamten jüdischen Bevölkerung. Das ist teilweise durch die Tatsache erklärbar, dass ländliche Gemeinden der vollen Kraft der antisemitischen Propagandamaschinerie besonders offen gegenüberstehen.“

Berlin

Mitte Februar 1938 berichtet die „Jewish Telegraphic Agency“, seit Jahren eine aufmerksame Beobachterin der Situation der deutschen Juden, einmal wieder über die Situation der Glaubensbrüder in Deutschland und die Bemühungen der Jüdischen Winterhilfe, den akuten Bedürfnisse der Ärmsten gerecht zu werden. Während der neue Pflichtbeitrag eine vorübergehende Erleichterung bedeutet und das Überleben des Winters einfacher macht, führen die zahlreichen Berufsverbote für Juden, die das Naziregime seit 1933 verhängt, zu einer irreversiblen Verschlechterung ihrer materiellen Situation.

Ein Ort der Zuflucht wird bedroht

Das Heim des Jüdischen Frauenbundes in Neu-Isenburg

„Die Isenburger Polizei stellte uns heute das Ultimatum entweder Esther Kleinmanns Papiere ihr bis spätestens den 25. ds. vollzählig (Abmeldung und Pass) zu übergeben oder aber würde Esther Kleinmann ausgewiesen.“

Neu-Isenburg/Darmstadt

Bertha Pappenheim (1859–1936), geboren und aufgewachsen in Wien, war eine führende deutsch-jüdische Frauenrechtlerin. Besser bekannt als die Patientin „Anna O.“ aus Sigmund Freuds „Studien zur Hysterie“, siedelte sie 1880 nach Frankfurt a. M. über, wo sich der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit allmählich vom Karitativen zur sozialen Stärkung von Frauen verlagerte. 1907 richtete sie in Neu-Isenburg ein Heim für schutzbedürftige junge jüdische Frauen ein, das sie als ihre wichtigste Errungenschaft betrachtete. Unter den Nationalsozialisten musste das Heim sämtliche Bewohnerinnen polizeilich melden. In dem hier abgebildeten Brief bittet die Sekretärin des Heims Rabbiner Dr. Merzbach im Bezirksrabbinat Darmstadt, umgehend die Papiere der Heimbewohnerin Esther Kleinmann zu schicken, da diese sonst mit Ausweisung zu rechnen habe.

QUELLE

Institution:

Jüdisches Museum Berlin

Sammlung:

Sammlung Familien Katz/Rubin, Schenkung von Sally und Chaim Katz

Die Schlinge zieht sich zu

Die Reichsvertretung der Deutschen Juden appelliert an die Regierung

„Ein beträchtlicher Teil der Judenheit in Deutschland, die überwiegend aus älteren Menschen besteht, ist nicht imstande zu emigrieren und wird seine Tage in Deutschland beenden. Wenn er dem staatlichen Wohlfahrtswesen nicht zur Last fallen soll, darf er nicht vollkommen von allen Erwerbsmöglichkeiten ausgeschlossen werden. Selbst die Fortsetzung einer geordneten Auswanderung - und nur dies hält die Tore der Auswanderung offen - ist nur dann möglich, wenn die wirtschaftliche Existenzgrundlage der Juden nicht weiter beschränkt wird.”

Berlin

Die zunächst so genannte Reichsvertretung der Deutschen Juden war im September 1933 als Interessenvertretung gegründet worden. Nach dem Erlass der Nürnberger Gesetze musste sie sich in „Reichsvertretung der Juden in Deutschland“ umbenennen. Ihr Präsident war Rabbiner Leo Baeck. Infolge der zunehmenden Verarmung der jüdischen Bevölkerung, der systematisch die Erwerbsmöglichkeiten entzogen wurden, appellierte die Reichsvertretung der Juden in Deutschland an die Regierung, von weiteren Einschränkungen abzusehen: nicht genug damit, dass die fortschreitende Erwerbslosigkeit eine Belastung für das Wohlfahrtssystem bedeute, sie mache auch die Auswanderung unmöglich.

Selbsthilfe in düsteren Zeiten

Aus der allgemeinen Arbeitswelt ausgeschlossen, schaffen Juden ihre eigenen Hilfswerke

„Aus der allgemeinen Arbeitswelt ausgeschlossen, schaffen Juden ihre eigenen Hilfswerke”

Berlin

Nach der Verabschiedung der Nürnberger Gesetze 1935 wurden Juden von der Unterstützung durch die „Deutsche Winterhilfe“ ausgeschlossen und mussten ein eigenes Hilfswerk organisieren. Die Gesetzgebung der Nazis machte es immer schwieriger für Juden in Deutschland, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Jüdische Winterhilfe sprang in die Bresche und versorgte die verarmten Mitglieder mit Lebensmitteln, Medizin und Heizmaterial. Die Aufnahme zeigt ein Benefizkonzert zugunsten der Jüdischen Winterhilfe.

 

NACH OBEN