External links are disabled on the kiosk. Please visit archive links from desktop or mobile devices.

Wenigstens die Kinder

England erklärt sich zur Aufnahme von 10000 jüdischen Kindern bereit

„Der Regierungsentscheid wurde von Kolonialsekretär Malcolm MacDonald bekanntgegeben, der erklärte, jede Änderung der Einwanderungsrate nach Palästina würde die bevorstehenden britisch-arabisch-jüdischen Verhandlungen ,im Voraus beeinflussen‘“.

London

Selbst die völlige Schutzlosigkeit der deutschen Juden angesichts der Gewaltakte der Novemberpogrome führte nicht zu einer nennenswerten Anpassung der internationalen Flüchtlingspolitik. Die Jewish Agency for Palestine hatte daher von den Briten gefordert, 10,000 jüdischen Kindern aus Deutschland die sofortige Einreise nach Palästina zu gestatten. Wie die Jewish Telegraphic Agency am 14. Dezember berichtete, sah die britische Regierung als Mandatsmacht durch einen solchen Schritt ihren diplomatischen Balanceakt gegenüber den beteiligten Gruppen gefährdet und wies den Antrag ab. Sie erklärte sich jedoch bereit, die Kinder vorübergehend in England aufzunehmen.Viele jüdische Eltern waren zu der schmerzhaften Entscheidung bereit, ihre Sprößlinge allein ins Ausland zu schicken, um wenigstens ihnen die ständigen Anfeindungen und die physische Gefahr zu ersparen. Schon vor dem Vorstoß der Jewish Agency, im November, hatte die Regierung grünes Licht für die Einreise 5000 unbegleiteter Kinder unter 17 gegeben. Die erste Gruppe, 196 Kinder aus einem in der Pogromnacht zerstörten Waisenhaus in Berlin, war Anfang Dezember in Harwich an Land gegangen.

Die einzige Hoffnung

Afrika als Zufluchtsort

„Die einzige Hoffnung meiner Eltern, hinauszukommen, bin ich.“

Rongai/Nairobi

1903, infolge des Pogroms von Kischinew, erklärte sich die britische Regierung bereit, im damaligen “Protektorat Ostafrika,” dem heutigen Kenya, die Ansiedlung europäischer Juden zu gestatten. Aufgrund massiver Opposition innerhalb der zionistischen Bewegung kam es nicht zu einer Realisierung des Plans, der unter dem irreführenden Namen „Uganda-Plan“ bekannt ist. 35 Jahre später fand sich Paul Egon Cahn, der zuletzt in Köln gelebt hatte, in Rongai (Kenya) wieder. Nach den Novemberpogromen begann der 20jährige Kfz-Mechaniker, zu versuchen, auch seine Eltern aus Deutschland herauszubringen. Während sich europäische Siedler und Angehörige der lokalen indisch-stämmigen Bevölkerung der Einwanderung jüdischer Flüchtlinge entgegenstellten, erwies sich das “Kenya Jewish Refugee Committee”, das seine Einwanderung ermöglicht hatte, als hilfreich. So wandte sich der junge Mann an den Sekretär des Komitees, Israel Somen, um Hilfe: er brauchte dringendst die £100, die das britische Kolonialamt für zwei Einreisegenehmigungen berechnete.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Paul Egon Cahn, AR 25431

Original:

Archivbox 1, Ordner 1

Source available in English

Die Zukunft von Menschheit und Kultur

Ein Aufruf zum Handeln in schlechten Zeiten

„Wenn jemals tapfere Herzen, klare Hirne und starke Fäuste nötig waren, dann heute, wo nicht weniger als die Zukunft von Menschheit und Kultur auf dem Spiele steht!“

New York

Niemand, der die November-Ausgabe des Aufbau las, konnte die fettgedruckte Botschaft auf der Titelseite verpassen: Unter der Überschrift „Die grosse Prüfung“ wird mit starken Worten das totale Versagen der „Staatsoberhäupter der sogenannten Demokratien“ angeprangert, die die Tschechoslowakei an Nazi-Deutschland geopfert haben. Jüdische Flüchtlinge sitzen in Böhmen im Niemandsland fest, in Deutschland verpassen die Nazis den Juden den „wirtschaftlichen Todesstreich,“ die Briten gefährden das zionistische Unternehmen und „wenig mehr als eine blasse Erinnerung“ ist von der Konferenz von Evian verblieben, die im Juli einberufen wurde, um das Problem der Neuansiedlung jüdischer Flüchtlinge aus Nazi-Deutschland in Griff zu bekommen. Dies ist wahrlich „ein Zeitalter der vollkommenen Sündhaftigkeit.“ Werden die Bedrohten sich endlich aufraffen?

Solidarität

Die öffentliche Meinung in Großbritannien ist einstimmig

„Die erste Lehre, die wir aus den Verfolgungen ziehen sollten", sagte Sir Archibald, „ist die dringende Notwendigkeit einer großzügigen Erfüllung britischer Verpflichtungen gegenüber den Juden in aller Welt und dem Völkerbund gemäß dem Palästina-Mandat.“

London

Nach Ansicht der Jewish Telegraphic Agency waren alle Teile der Öffentlichkeit in England vereint in ihrem Entsetzen über den Ausbruch anti-jüdischer Gewalt in Deutschland: Indem sie „Empörung und Ekel“ zum Ausdruck brachten und die jüngste anti-jüdische Gewalt in Deutschland als „Rückfall in die Barbarei“ und als „unmenschliche Raserei“ bezeichneten, verurteilten sie die von den Nazis inszenierten Pogrome. Manche, wie die Sunday Times und Sir Archibald Sinclair, der Führer der Liberalen Partei, nahmen die Geschehnisse zum Anlass, die Notwendigkeit einer nationalen Heimstätte für die Juden zu bekräftigen.

Ein Mädchen geht voran

Hoffnung auf eine Zukunft in Palästina

„Ich stel mir vor das es Euch dorten gut geht. Es kommt mir vor nach eueren Schreiben wie in einem Paradis. Liebe Lotte du kannst mir glauben ich möchte an euerer Stelle sein, den das Leben hier ist sehr traurig und fad überhaupt jetzt wo Benno nicht zuhause ist.“

Wien/Gan Schmuel

Die Ankunft von Gertrude Münzers erstem Brief aus Palästina war ein Anlass zu Freude, Erleichterung und Hoffnung für ihre Familie, die in Wien zurückgeblieben war. Die Münzers waren eine gut integrierte Familie, aber nach der Annexion Österreichs durch Nazi-Deutschland wandte sich das Blatt, und sie gerieten zunehmend in Bedrängnis: Zunächst wurden sie aus ihrer Wohnung geworfen, dann verlor Moses Münzer seine Stelle. Mit Unterstützung ihrer Eltern ging Gertrude als einziges Mitglied ihrer Familie mit einer zionistischen Jugendgruppe nach Palästina. Angeregt durch ihr Beispiel, war ihr älterer Bruder Benno auf Hachscharah gegangen. In seiner Ratlosigkeit bittet ihr Vater in seinem Antwortbrief seine 15jährige Tochter inständig, im Kibbuz oder anderswo um Unterstützung für ihn nachzusuchen, damit er mit dem Rest der Familie nachkommen kann.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Gertrude Knopf Familie, AR 11692

Original:

Archivbox 1, Ordner 1

Source available in English

Ma’ayan Tsvi

Makkabi-Bewegung bereitete in Deutschland Gruendungsmitglieder der Siedlung aus

Ma'ayan

Der wachsende Zustrom europäischer Juden auf der Flucht vor den Nazis nach Palästina führte zum Widerstand seitens der palästinensischen Araber: 1936 brach eine bewaffnete Revolte aus. Während dieser Zeit machten sich jüdische Siedler ein Gesetz aus der Zeit des Osmanischen Reiches zunutze, laut dem ein nicht genehmigter Bau nicht abgerissen werden durfte, sobald er ein Dach besaß: Sie errichteten im Schutz der Nacht aus vorgefertigten Teilen einen von einer Palisade umgebenen Zaun, so dass im Fall der Entdeckung durch Beamte der britischen Mandatsmacht nichts dagegen unternommen werden konnte. Gleichzeitig war ein Bau dieser Art sofort verteidigungsfähig gegenüber Angriffen lokaler Araber. Eine dieser Siedlungen war Ma’ayan (später bekannt als Ma’ayan Tsvi), westlich von Sichron Jaakow auf der nördlichen Küstenebene gelegen. Ihre 70 Gründungsmitglieder waren als Mitglieder der Makkabi-Bewegung in Deutschland (und ab 1935 in Palästina selbst) auf das Pionierleben im Lande vorbereitet worden.

QUELLE

Institution:

Courtesy of Kedem Auction House

Original:

Photograph Album – Establishment of Ma'ayan Tzvi Kibbutz

„Illegale“ Einwanderin

Gisella Jellinek wird in Palästina zu Nadja

„Ich gratuliere Dir nachträglich zu Deinem 18. Geburtstage und wünsche Dir, das, was Du Dir wünschst, ein recht langes Leben, Gesundheit, Heldentum, Mut, gute Chawera zu sein und dass Dein Ideal in Erfüllung geht und nicht vergessen (...) recht viel Arbeit.“

BRÜNN/Rischon Lezion

Unter abenteuerlichen Umständen war Gisella Jellinek im Juni 1938 nach Palästina gelangt. Als Teil einer Gruppe von mehreren hundert Jugendlichen war sie in das Mandatsgebiet eingeschmuggelt worden. Um zu verhindern, von den britischen Mandatsbehörden als illegale Einwanderin aufgespürt zu werden, musste sie sich vom Augenblick des Landgangs in Palästina an die Hebräischkenntnisse zunutze machen, die sie im zionistischen landwirtschaftlichen Ausbildungslager in Österreich erworben hatte. Etwa zwei Monate nach ihrer Ankunft in Palästina wurde Gisella, die sich jetzt Nadja nannte, 18 Jahre alt. In diesem nachträglichen Geburtstagsbrief wünscht ihr ihre Schwester Berta „Heldentum, Mut und eine gute Chawerah (Kibbutz-Mitglied) zu sein“.

Tagesgeschehen zum 18. Geburtstag

Hugo Jellinek gratuliert seiner Tochter und kommentiert die aktuellen Entwicklungen

„Böhmen ist eine harte Nuss, an der sich diese Räuberbande die Zähne ausbrechen werden [sic] oder sagen wir eine Buchtel, an der diese wahnsinnig gewordenen Teufel ersticken werden. Trotz der vielen hiesigen deutschen Hochverräter ist [sic] Regierung und Volk einig in dem unerschütterlichen Willen, die Freiheit und demokratischen Errungenschaften bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen.“

BRÜNN/Rischon Lezion

Hugo Jellinek war stolz auf seine Tochter Gisella, die während der Hachschara zu einer glühenden Zionistin geworden und wenige Monate zuvor als Teil einer Gruppe wagemutiger Jugendlicher nach Palästina eingewandert war. Zum 18. Geburtstag schickte er seiner erstgeborenen Tochter nicht nur Glückwunsche, sondern ließ sie auch ausführlich an seinen Gedanken zum Tagesgeschehen teilhaben: Deutsche Manöver entlang der tschechoslowakischen Grenze beunruhigten ihn sehr, doch er war überzeugt, anders als im Fall Österreichs würde die Wehrmacht mit scharfem Widerstand zu rechnen haben. Das Misstrauen und der Mangel an Solidarität wohlhabender Brünner Juden gegenüber jüdischen Flüchtlingen erfüllten ihn mit Bitterkeit. Auch war er sehr besorgt wegen der Räumungsbescheide, die bei österreichischen Juden eingingen. Bei allen Sorgen und Klagen verschaffte eine neue Damenbekanntschaft einen Lichtblick.

650 Reichsmark und 50 Pfennige

Mit der Columbus nach New York

„Schiffskarten - Eisenbahnkarten - Flugkarten nach allen Ländern“

Berlin/Bremen/New York

Nur wenige Häuser vom Palästina-Amt der Jewish Agency for Palestine entfernt, auf der Meinekestraße 2 in Berlin, befand sich das Reisebüro „Palestine & Orient Lloyd“, das in enger Zusammenarbeit mit der Agency stand und vielen Tausenden von Juden bei der Auswanderung aus Nazi-Deutschland behilflich war – durchaus nicht nur nach Palästina. Einer dieser Auswanderer war Dr. Rolf Katzenstein. Am 20. August 1938 stellte ihm der „Palestine & Orient Lloyd“ diese Rechnung für die Überfahrt nach New York aus, die am 27.8. an Bord der Columbus von Bremen aus starten sollte.

QUELLE

Institution:

Jüdisches Museum Berlin

Sammlung:

Rechnung "Palestine & Orient Lloyd" für Rolf Katzenstein, Jüdisches Museum Berlin, Sammlung Ruth Gützlaff geb. Katzenstein

Nach Haifa? Nicht jetzt.

Onkel Alfred rät Neffen ab von Besuch

„Der Zeitpunkt, zu dem wir hierherkommen sollen, wird nach meiner Auffassung von weit höherer Seite bestimmt, das Schicksal wird uns zeigen, wenn wir hierherkommen sollen. Ich habe noch niemals so viele unglückliche Menschen in einem Land konzentriert gesehen, wie hier.“

Haifa/Meran

Nach sechs Jahren in Palästina war Alfred Hirschs Urteil eindeutig: Angesichts der politischen, klimatischen und wirtschaftlichen Struktur des Landes könnten selbst ausgesprochen intelligente, ausdauernde Menschen nicht viel erreichen. Bei seinem Versuch, seinem Neffen Ulli das Kommen auszureden, nahm er kein Blatt vor den Mund. Im sehr säkularen Haifa ansässig, war Alfred Hirsch überzeugt, für einen jungen orthodoxen Juden wie Ulli wäre das Leben in Palästina zum gegenwärtigen historischen Zeitpunkt eine große Enttäuschung. Zwischen der Atmosphäre, die durch das kollektive Elend einer großen Anzahl entwurzelter, bedrückter Menschen erzeugt wurde und den politischen Unruhen, die ernsthafte wirtschaftliche Probleme hervorriefen, erschien Onkel Alfred der Zeitpunkt nicht richtig. (Mit politischer Unruhe gemeint sind der Arabische Aufstand in Reaktion auf den massiven Zustrom europäischer Juden und die Aussicht auf die Errichtung einer Nationalen Heimstätte für die Juden, wie durch die Balfour-Erklärung 1917 vereinbart.)

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Julius und Elisabeth Hirsch, AR 25585

Original:

Archivbox 1, Ordner 10

Jüdische Leibesertüchtigung

Antwort auf ein antisemitisches Stereotyp

Frankfurt am Main

Ein klassischer antisemitischer Topos des 19. Jahrhunderts war die Vorstellung, Juden seien schwach, unsportlich und verweichlicht. Um diesem Stereotyp entgegenzuwirken, schuf der zionistische Arzt, Schriftsteller und Politiker Max Nordau auf dem 2. Zionistischen Kongress in Basel (1898) das Gegenkonzept des „Muskeljuden“: Anknüpfend an Vorbilder jüdischen Kämpfertums wie Bar Kochba und die Makkabäer, rief er zur Regeneration des jüdischen Volkes durch körperliche Ertüchtigung auf. Keine zwei Monate später wurde in Berlin der jüdische Sportverein Bar Kochba gegründet. Mehr und mehr jüdische Sportvereine entstanden, von denen viele der zionistischen Bewegung nahestanden. Die Ortsgruppe des Bar Kochba Frankfurt/Main wurde 1904 ins Leben gerufen. Eines seiner Teams posiert hier für die Kamera.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Bar Kochba, Frankfurt/Main, AR 11260

Original:

Archivbox 1, Ordner 1

Einzelhachscharah in England

Die 17-jährige Marianne leidet allein in der Fremde

„Jetzt zu dem Punkt, der Dir momentan am wichtigsten ist. Papi hat Dir ja schon seine Ansicht geschrieben, es ist uns sehr darum zu tun, dass Du in England bleibst und so leid Du uns tust, dass Du Dich doch irgendwie durchfressen musst.“

Teplitz

Im Juli 1938 reiste die 17jährige Marianne Pollak ganz allein von Teplitz (Tschechoslowakei) nach England. Nicht an das dortige Klima gewöhnt, holte sich das junge Mädchen Rheuma und war rundherum in elender Verfassung. Alle paar Tage erhielt sie von ihrer Mutter fürsorgliche, liebevolle Briefe. Während Mariannes unglückliche Situation sie eindeutig bedrückte, führten ihr Frau Pollak und ihr Mann vor Augen, wie wichtig es sei, dass sie in England bleibe. Anscheinend war Marianne auf Einzelhachscharah, d.h., sie eignete sich Fähigkeiten an, die sie auf das Pionierleben in Palästina vorbereiten sollten. In Osteuropa hatte die Pionierbewegung „HeChaluz“ bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts zukünftigen Siedlern Schulungskurse angeboten. Eine deutsche Zweigstelle wurde 1923 eröffnet, aber die Bewegung gewann in Westeuropa erst während der Weltwirtschaftskrise an Boden und erlangte ihre größte Reichweite während der Jahre der Verfolgung durch die Nazis. Anstatt sich auf Lehrhöfen kollektiv vorbereiten zu lassen, konnten die jungen Leute ihre Ausbildung auch individuell bekommen, was bei Marianne der Fall gewesen zu sein scheint.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung John Peters Pinkus, AR 25520

Original:

Archivbox 2, Ordner 22

Die Hilfsstelle der Liga für Menschenrechte

„Diese Hunde von Hitler und Göring werden niemals gewinnen“

„Es stirbt halt nicht der jüd. Wohltätigkeitssinn aus und es wird diesen Hunden von Hitler und Göring nicht gelingen, dass die Emigranten in der Gosse krepieren.“

Brünn/Rischon LeZion

Hugo Jellinek war ein vielseitig begabter Mann. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs zwang ihn, sein Medizinstudium abzubrechen. Als Soldat wurde er in Samarkand schwer verwundet und verliebte sich in die Krankenschwester, die ihn pflegte und später seine Frau und die Mutter seiner drei Töchter wurde. Das Paar siedelte sich in Taschkent (Usbekistan) an. Nach dem Tod seiner noch jungen Frau im Jahr 1926 floh er 1930 aus der Sowjetunion und kehrte schließlich nach Wien zurück. Dort machte er sich die acht Sprachen, die er beherrschte, als Übersetzer zunutze und arbeitete als freiberuflicher Jornalist. Dank einer Warnung bezüglich seiner bevorstehenden Festnahme gelang es ihm im Juni 1938, nach Brünn zu entkommen. Seine älteste Tochter Gisella Nadja brach am selben Tag nach Palästina auf. In diesem schillernden Brief zeigt Hugo väterliche Sorge um Nadjas Wohlbefinden, diskutiert aber auch ausführlich die eigenen Nöte als Flüchtling und vergisst nicht zu berichten, dass der Sohn seines Cousins im Konzentrationslager Dachau interniert sei. Mit Genugtuung erwähnt er die Arbeit der von ihm so genannten „Liga“ (gemeint ist wohl die Hilfsstelle der Liga für Menschenrechte), die sich um die Flüchtlinge kümmerte und damit Hitlers teuflischen Plänen trotzte. Letztendlich jedoch käme es vor allem darauf an, für einen eigenen Staat zu kämpfen.

Verhalten optimistisch

Reichsvertretung der Juden in Deutschland bewertet Évian-Konferenz

„Die Auswanderungspolitik der Reichsvertretung ist korrekt. Darüber hinaus macht die Stellungnahme deutlich, dass die Einrichtung eines internationalen Flüchtlingshilfswerks zu einer Zunahme und Beschleunigung der Auswanderung führen würde.“

Berlin

Laut Bericht der Jewish Telegraphic Agency an diesem Tag des Jahres 1938 veröffentlichte die Reichsvertretung der Juden in Deutschland fünf Tage nach Ende der Konferenz von Évian (6.-15. Juli) ihre erste Stellungnahme zu den Ergebnissen der Zusammenkunft in der Jüdischen Rundschau, dem Organ der zionistischen Bewegung. Die Organisation äußerte sich verhalten optimistisch. Sie prophezeite, das Internationale Flüchtlingskomitee, das während der Konferenz mit dem Ziel gegründet worden war, permanente Neuansiedlung voranzutreiben, werde positive Auswirkungen auf die Auswanderung haben.

Mitarbeiterverlust

Noch ein wertvoller Mitarbeiter der Zionistischen Vereinigung wandert aus

„Alle ihm übertragenen Arbeiten hat Herr Friedmann mit einer weit über das gewöhnliche Maß hinausgehenden Hingabe und mit eisernem Fleiß durchgeführt.“

Berlin

Die Zionistische Vereinigung für Deutschland war in einer heiklen Lage: Während sie die Auswanderung von Juden aus Nazi-Deutschland unterstützte, tat sie sich schwer mit dem ständigen Aderlass fähiger Mitarbeiter, besonders auf der Führungsebene, und der Notwendigkeit, sie zu ersetzen. Dennoch unterstützte Benno Cohn, Mitglied der Exekutive, großzügig einen weiteren abreisenden Kollegen mit diesem zutiefst anerkennenden Empfehlungsschreiben: Rudolf Friedmann war seit 1933 in verschiedenen Kapazitäten im Zionistischen Zentralbüro in Berlin beschäftigt und diente ihm mit äußerster Gewissenhaftigkeit und Hingabe. Cohn lobt seine organisatorischen Fähigkeiten und Ideen und empfiehlt ihn wärmstens an jede zionistische oder andere jüdische Organisation.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Willy Nordwind Sammlung, AR 10551

Original:

Archivbox 1, Ordner 1

Praktische Ausbildung für Palästina

Neue Absolventinnen an der Jüdischen Fachschule für Schneiderinnen in Hamburg

Hamburg

Als die Chaluz-Bewegung in den zwanziger Jahren begann, in Deutschland Fuß zu fassen, hatte sie es schwer, auf die überwiegend assimilierten Juden, die sich als „deutsche Staatsbürger jüdischen Glaubens“ sahen, irgendwelche Anziehungskraft auszuüben. Die Bewegung zielte darauf ab, junge Juden durch die Lehre der hebräischen Sprache sowie landwirtschaftlicher und handwerklicher Fähigkeiten auf das Leben in Palästina vorzubereiten. Erste nennenswerte Verstärkung kam durch die Weltwirtschaftskrise (ab 1929), die die Auswanderung wie eine Gelegenheit zur wirtschaftlichen Verbesserung erscheinen ließ. Größeren Zulauf erhielt sie allerdings nach der Machtübergabe an die Nazis: Sogenannte „Hachscharot“ entstanden überall in Deutschland, um jungen Juden eine gehaltvolle jüdische Identität und nützliche Fähigkeiten zu vermitteln. Dieses Foto zeigt Absolventinnen der Jüdischen Fachschule für Schneiderinnen auf der Heimhuderstraße.

QUELLE

Institution:

Institut für die Geschichte der deutschen Juden (IGdJ)

Original:

Bilder-Datenbank des Instituts für die Geschichte der Deutsche Juden, Sammlung Ursula Randt, mit freundlicher Genehmigung von Rahel Calm ; 21-015/105

Seelenverfassung

Keine Begeisterung, aber Wille zum Erfolg

„Ich glaube, wenn Du Dich für Palästina entscheiden solltest, dass Du dazu zwar keine Begeisterung brauchst. Die Mehrheit wandert heute ein ohne jede Begeisterung, aber Du brauchst den festen Willen hier trotz aller Schwierigkeiten, geringem Einkommen und schwerer Arbeit bei klimatischen Schwierigkeiten Dich durchzusetzen.“

TEL AVIV/ZÜRICH

Herbert Mansbach, ein deutscher Student der Zahnmedizin, der vorübergehend in der Schweiz ansässig war, hatte Glück: Ein Freund von ihm war bei der Krankenkasse (Kupat Cholim) des Allgemeinen Verbands der Arbeiter in Eretz Israel (Histadrut) angestellt und konnte ihm wertvolle Informationen zur Aufnahme in einem Kibbutz und zum Auffinden eines Arbeitsplatzes in Palästina geben: Die Hauptvoraussetzungen für eine Kibbuzmitgliedschaft waren die Zugehörigkeit zur HeChaluz-Pionier-Jugendbewegung und einige Hebräischkenntnisse. Um allerdings eine Anstellung als Zahnarzt in Tel Aviv zu bekommen, war perfektes Hebräisch unabdingbar. Herberts Freund zeichnete ein ernüchterndes Bild von der Seelenverfassung der Neueinwanderer: Die Mehrheit, schreibt er, käme ohne Begeisterung – Entschlossenheit zum Erfolg sei wichtiger.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Herbert Joseph Mansbach, AR 7073

Original:

Archivbox 1, Ordner 2

Martin Buber folgt Ruf an Hebräische Universität

Der Sozialphilosoph und seine Ehefrau Paula ziehen nach Jerusalem

Jerusalem

1933 entschloss sich der renommierte Religionsphilosoph Martin Buber, aus Protest gegen die Machtübernahme durch die Nazis seine Honorarprofessur an der Goethe Universität Frankfurt niederzulegen. Daraufhin verbat im das Regime, öffentlich Vorträge zu halten. In der Folgezeit gründete Buber die Mittelstelle für jüdische Erwachsenenbildung und begegnete den Bemühungen der Nazis, die deutsche Judenheit zu marginalisieren und zu zerstören, indem er jüdische Identität durch Bildung stärkte. Erst Ende Mai 1938 folgte er einem Ruf an die Hebräische Universität, um den neuen Lehrstuhl für Sozialphilosophie zu übernehmen, und zog mit seiner Frau Paula, einer Schriftstellerin, nach Jerusalem. Das Ehepaar ließ sich im Stadtviertel Talbiyeh im Westteil der Stadt nieder, das zu dieser Zeit von Juden und Arabern bewohnt war. Es grenzt an Rechavia an – damals eine Hochburg von Einwanderern aus Deutschland. Buber gehörte zu jenen, denen eine friedliche Koexistenz in einem binationalen Staat vorschwebte.

Eine Retterin feiert Geburtstag

Rose Luria Halprin macht sich für deutsch-jüdische Jugendliche stark

Jerusalem/Berlin

Als führende Funktionärin in verschiedenen zionistischen Organisationen, insbesondere in der nordamerikanischen Frauenorganisation „Hadassah“ (Hadassah Women’s Zionist Organization of North America) war Rose Luria Halprin 1934 nach Palästina gezogen, wo sie als Kontaktperson zwischen der lokalen Hadassah-Zweigstelle und dem nationalen Büro in den Vereinigten Staaten fungierte. Nachdem sie sich mit Henrietta Szold angefreundet hatte, die die Jugend-Alija in Palästina leitete, begann auch Rose Halprin, sich für die Rettung deutsch-jüdischer Jugendlicher durch deren Verbringung nach Palästina zu engagieren. Gegründet wurde die Jugend-Alija durch die vorausschauende Recha Freier, die Frau eines in Berlin ansässigen Rabbiners. Das war derselbe Tag, an dem die Nazis an die Regierung gebracht wurden, der 30. Januar 1933. In den Jahren 1935 bis 1938 besuchte Rose Halprin wiederholt Berlin. Der 11. April 1938 war ihr 42. Geburtstag.

QUELLE

Institution:

American Jewish Historical Society

Sammlung:

Rose Halprin in 1934. Haddassah Archiv beim American Jewish Historical Society.

Die Welt zur Rettung

Jüdische Vorsteher und Medien wissen: Sie brauchen jede Unterstützung, die sie bekommen können

„Die österreichischen Juden haben eine alte Tradition als voll gleichberechtigte Bürger, die stets ihre Kräfte in den Dienst der Heimat gestellt haben und zum Aufschwung derselben auf allen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Gebieten wesentlich beigetragen haben“.

Wien

Das gesamte Titelblatt der deutschsprachigen religiös-zionistischen „Allgemeinen Jüdischen Zeitung“ in Bratislava ist dem „Anschluss“ gewidmet: Juden werden aufgerufen, ihren österreichischen Glaubensgenossen zur Seite zu stehen. Eine anonyme Quelle weist auf die Verarmung weiter Teile der österreichischen Judenheit und die daraus resultierende Notwendigkeit hin, das Sozialwesen neu zu ordnen und sich den immer dringender werdenden Angelegenheiten der Umschulung und der Emigration zuzuwenden. Der Leser wird daran erinnert, dass Österreich noch immer Mitglied des Völkerbunds sei und dass das österreichische Recht gleiche Rechte für religiöse und nationale Minderheiten einfordere. Unter anderen Quellen wird der britische Unterstaatssekretär für Äußeres, Butler, zitiert, der berichtet, er habe Zusicherungen bekommen, die deutsche Regierung werde in Bezug auf Minderheiten „alle Anstrengungen unternehmen, eine Mäßigung der Politik zu erzielen“. Auch berichtet das Blatt, der Präsident des Jüdischen Weltkongress, Rabbi Wise, habe an den Völkerbund appelliert, den Juden beizustehen. Ansonsten zeichnet sich ein düsteres Bild ab: Die Produktion jüdischer Zeitungen eingestellt, prominente Juden arrestiert, ein jüdisches Theater geschlossen, die jüdische Ärzte entlassen und andere Schikanen. Die Zeitung ruft Juden in aller Welt auf, den Brüdern und Schwestern in Österreich zur Seite zu stehen.

Stimmen in London

Das Zionistische Aktionskomittee berät zur Lage der Juden in Europa

London

„Die Stimme“ galt als das offizielle Organ des zionistischen Landeskomittees für Österreich. In ihrer Ausgabe vom 9. März zitiert sie eine Meldung der „Jewish Telegraphic Agency“ über die Konferenz des Zionistischen Aktionskomittees in London. Während die Spannung in Österreich stieg, standen auf der Tagesordnung der Konferenz andere dringende Angelegenheiten, wie z.B. die Einwanderung nach Palästina und die Veränderung der britischen Haltung zu diesem Thema. Als besonders wichtig wurden Vorschläge eingestuft, in verschiedenen osteuropäischen Staaten den Preis des Schekels zu senken und Koordinationsräte für zionistische Aktivitäten einzurichten.

Harold MacMichael

Ein neuer britischer Hochkommissar für Palästina

Jerusalem

Diese Radierung des deutsch-jüdischen Künstlers Hermann Struck zeigt den fünften britischen Hochkommissar für Palästina, Harold MacMichael, der am 03. März 1938 sein Amt antrat. Zuvor hatte MacMichael verschiedene Posten in Afrika innegehabt. Der Hochkommissar war der höchstrangige Vertreter des Empire in Palästina zur Zeit des Völkerbundmandats. Der Schöpfer des Portraits, Hermann Struck, orthodox und früh dem Zionismus zugewandt, war bereits 1923 nach Palästina ausgewandert und hatte sich in Haifa niedergelassen. Er war besonders für seine meisterhaften Radierungen bekannt. Künstler wie Chagall, Liebermann und Ury hatten sich von ihm in dieser Technik unterweisen lassen.

Verschonung in Italien?

Italienischer Antisemitismus richtet sich nicht gegen lokale Juden, laut Bericht

„Die in Italien existierende antisemitische Bewegung sei nicht gegen die italienischen Juden, sondern gegen das bekanntermaßen antifaschistische Weltjudentum gerichtet. Die Bewegung trage überdies einen mehr politischen als rassefeindlichen Charakter.“

Rom

Die orthodoxe „Jüdische Presse“ zitiert eine beruhigende Einschätzung der Amtlichen Nachrichtenstelle zur Situation der Juden in Italien: wohl gebe es dort „wie überall anderswo“ eine antisemitische Bewegung, doch sei diese sehr gemäßigt, und anstatt die italienischen Juden ins Visier zu nehmen, stelle es sich dem „Weltjudentum“ entgegen, das bekanntermaßen antifaschistisch sei. Interessanterweise wird der gemäßigte Charakter der antisemitischen Bewegung auf die Abwesenheit einer „jüdischen Bewegung“ zurückgeführt: Tatsächlich hatte der Zionismus in Italien sehr wenige Anhänger und zwischen 1926 und 1938 waren nur 151 italienische Juden nach Palästina ausgewandert.

„Nur keine Angst, ich werde es schon schaffen!“

Mit der Jugend-Alija treten Kinder die Reise nach Palästina an

“Joy and pain are fighting against each other, as are courage and fear, mourning and hopefulness. One cries, the other laughs. Here the pain of separation is stronger, there the self-painted picture of the future outshines all grief of separation.”

Berlin

Kaum waren die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 an die Macht gekommen, gründete Recha Freier in Berlin die „Jüdische Jugendhilfe“, die bald unter dem Namen „Jugend-Alija“ bekannt wurde. Das Ziel der Organisation war, jüdische Kinder, die die Grundschule hinter sich hatten, in Palästina in Sicherheit zu bringen. In der Jugendbeilage des „Israelitischen Familienblattes“ vom 17. Februar 1938 werden die Gefühle der Kinder beim Aufbruch nach Eretz Israel beschrieben: Nicht nur mussten sie mit dem Abschied von Eltern und Familie fertigwerden, sondern auch mit der Ungewissheit, was die Zukunft bringen würde.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

“Aufbruch der Jugend”, B1032

Original:

Jg. 4, Nr. 2

Kibbutz Giv’at Brenner

Deutsche Juden finden ein neues Zuhause in Palästina

Giv'at Brenner

Der Kibbutz „Giv’at Brenner” wurde 1928 von jungen Einwanderern aus Polen und Litauen errichtet, denen sich kurz später eine Gruppe aus Deutschland anschloss. Wie in vielen Kibbutzim waren die Lebensbedingungen in Giv’at Brenner zunächst schwierig, was einige Mitglieder dazu veranlasste, den Kibbutz zu verlassen. In den dreißiger Jahren wuchs der Kibbutz durch die Aufnahme von Neueinwanderern. Im Laufe der Zeit entwickelten sich eine erfolgreiche Landwirtschaft und verschiedene industrielle Unternehmen, wie eine Konservenfabrik und eine Fabrik für Bewässerungsanlagen. Das Bild zeigt die Schreinerei des Kibbutz im Jahr 1938. Eine Besonderheit war „Beit Jescha“, ein vegetarisches Genesungsheim, das Mitte der dreißiger Jahre eingerichtet wurde und das erste seiner Art in einem Kibbutz war.

Das Maul der Hydra

Alte Diskussionen um den Zionismus und Assimilierung werden angesichts des zunehmenden Antisemitismus wieder hitzig.

„Erst der Einbruch des jüdisch-nationalen Zionismus, die Vereinigung Polens mit russischen Gebieten, mit den 'Litwakis‘, öffnete der antisemitischen Hydra das dreckspeiende Maul. Vom politischen Zionismus her bekamen sie die Legitimation für die Behauptung vom 'fremden' Volk.“

Warschau

Einen Monat vor dem Anschluss ermahnt die österreichisch-jüdische Wochenzeitung „Die Wahrheit“ die österreichischen Juden, von der Entwicklung des Antisemitismus in Polen zu lernen. Das Blatt, das seit den zwanziger Jahren für Integration eingetreten war und sich vom Zionismus distanziert hatte, sieht den Zionismus als gefährlichen Bruch mit der polnisch-jüdischen Geschichte: In der Vergangenheit, so der Autor, der sich als polnischer Jude zu erkennen gibt, hätten sich die Juden in Polen durch Vaterlandsliebe und Einsatz für nationale Belange eingesetzt. Die Hinwendung zu Palästina erwecke den Eindruck mangelnder Loyalität und gebe daher den Judenhassern Munition. Überdies beschuldigt der Artikel die Zionisten, ungebührlichen Druck auf andersdenkende Juden auszuüben.

Ich und Du—trotz allem

Martin Bubers letzter Geburtstag in Deutschland

Heppenheim

Der Religionsphilosoph Martin Buber wurde am 8. Februar 1878 in Wien geboren. Während sein wohl bekanntestes Werk „Ich und Du“ ist, schuf er außerdem in Zusammenarbeit mit Franz Rosenzweig eine neue Übersetzung der Hebräischen Bibel ins Deutsche. Unter der jüdischen Jugend in Deutschland war Buber so populär, dass zur Beschreibung des Phänomens der Begriff „Bubertät“ aufkam. Buber war unter den Fürsprechern eines binationalen Staates in Palästina. 1925 gründete er gemeinsam mit Gershom Scholem, Robert Weltsch, Hugo Bergmann, Ernst Simon und anderen „Brit Shalom“, eine Organisation, die arabisch-jüdische Koexistenz auf der Basis von Gerechtigkeit und Gleichheit anstrebte. Am 8. Februar feierte er seinen 50., und wie sich bald herausstellte letzten, Geburtstag in Deutschland.

Palästina

Überwältigende Landschaften und blutige Unruhen

Haifa

Dieses Gemälde des in Haifa ansässigen Künstlers Hermann Struck zeigt eine der ikonischen Landschaften des Heiligen Landes, das Tote Meer, und dessen Umgebung. Struck war einer der wenigen deutschen Juden, die bereits vor 1933 nach Palästina ausgewandert waren. Was das Bild nicht reflektiert, ist die komplizierte Situation in Palästina Ende der dreißiger Jahre: Aufgrund des wachsenden Zustroms jüdischer Einwanderer im Allgemeinen und, ab 1933, deutscher Juden im Besonderen, wuchsen die Spannungen zwischen Juden und Arabern und zwischen den Arabern und der britischen Mandatsmacht. Die gewalttätigen Ausschreitungen zwischen den Gruppen kulminierten in einem arabischen Aufstand in den Jahren 1936-1939. Dies führte dazu, dass die britische Mandatsregierung auf der Basis ihres „Weißbuches“ im Jahr 1939 noch weniger Juden die Einreise ins Land gestattete als in den Vorjahren. Einwanderungswillige deutsche Juden mussten auf eine neue Quote warten, während andere Emigrationsmöglichkeiten stetig schwanden.

Ein Tipp aus New York

Überweisungen an jüdische Empfänger in Nazi-Deutschland

Wir möchten darauf hinweisen, dass die Benutzung der Haavaramark die jüdische Auswanderung aus Deutschland fördert.

New York

Ein Vertreter des New Yorker Büros der Intria International Trade & Investment Agency Ltd., London, legt einer Klientin in New York nahe, für „Überweisungen an Personen jüdischer Herkunft, die in Deutschland wohnen“, die „Haavaramark“ zu nutzen. Das Haavara (Transfer) -Abkommen war 1933 zwischen zionistischen Vertretern und den Nazis geschlossen worden: Es ermöglichte den Auswanderen, Geld auf ein deutsches Konto einzuzahlen, das für den Import deutscher Waren nach Palästina verwendet wurde. Der Erlös aus dem Verkauf dieser Waren in Palästina, abzüglich von Kosten, wurde an die Neueinwanderer ausgezahlt.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Familie Ludwig Rosenberger, AR 5824

Original:

Archivbox 1, Ordner 25

NACH OBEN