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50.000 Mazzen

Jüdische Winterhilfe ermöglicht verarmten Juden die Speisevorschriften zur Pessachwoche einzuhalten

Berlin

Die besonderen Speisevorschriften für die Pessachwoche bedeuteten eine zusätzliche finanzielle Belastung für die deutschen Juden, von denen viele Mühe hatten, über die Runden zu kommen. Die Jüdische Winterhilfe verteilte 50.000 Mazzen an bedürftige Juden und ermöglichte etwa 1000 Personen die Teilnahme an den beiden Sederabenden. Die Spender der Pessachsammlung der Winterhilfe erhielten ein Exemplar von Rabbi Selig Bambergers Übersetzung der Haggadah, deren Inneneinband mit einem Etikett versehen war, auf dem für die Spende gedankt wurde. Dieses Foto von Feiertagszubehör stammt aus einem Album Heinrich Stahls, des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, der die Jüdische Winterhilfe gemeinsam mit Rabbiner Leo Baeck 1935 bei einer Veranstaltung in Berlin ins Leben gerufen hatte.

Solidarität, Selbstorganisation, Spendensammeln

Jüdische Wohlfahrtsorganisationen fangen viel auf

Berlin

1938 war die Fähigkeit der Juden, in Deutschland ihren Lebensunterhalt zu verdienen, erheblich eingeschränkt: Eine Reihe von Gesetzen zielte darauf ab, sie zu demütigen, zu isolieren und in die Armut abzudrängen. Während nicht alle Juden in gleichem Maß von diesen Veränderungen betroffen waren, nahm die Anzahl der Juden, die auf die Dienste von Wohlfahrtsorganisationen, wie z.B. die jüdische Winterhilfe, angewiesen waren, ständig zu. Das Ausmaß der Solidarität und die Unterstützung für die Winterhilfe waren bemerkenswert. Ein großer Teil des Geldes kam aus Kleinspenden, und der Kulturbund gestaltete kulturelle Veranstaltungen, um die Organisation zu unterstützen. Freiwillige aus Frauen- und Jugendorganisationen halfen beim Spendensammeln.

Die Welt zur Rettung

Jüdische Vorsteher und Medien wissen: Sie brauchen jede Unterstützung, die sie bekommen können

„Die österreichischen Juden haben eine alte Tradition als voll gleichberechtigte Bürger, die stets ihre Kräfte in den Dienst der Heimat gestellt haben und zum Aufschwung derselben auf allen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Gebieten wesentlich beigetragen haben“.

Wien

Das gesamte Titelblatt der deutschsprachigen religiös-zionistischen „Allgemeinen Jüdischen Zeitung“ in Bratislava ist dem „Anschluss“ gewidmet: Juden werden aufgerufen, ihren österreichischen Glaubensgenossen zur Seite zu stehen. Eine anonyme Quelle weist auf die Verarmung weiter Teile der österreichischen Judenheit und die daraus resultierende Notwendigkeit hin, das Sozialwesen neu zu ordnen und sich den immer dringender werdenden Angelegenheiten der Umschulung und der Emigration zuzuwenden. Der Leser wird daran erinnert, dass Österreich noch immer Mitglied des Völkerbunds sei und dass das österreichische Recht gleiche Rechte für religiöse und nationale Minderheiten einfordere. Unter anderen Quellen wird der britische Unterstaatssekretär für Äußeres, Butler, zitiert, der berichtet, er habe Zusicherungen bekommen, die deutsche Regierung werde in Bezug auf Minderheiten „alle Anstrengungen unternehmen, eine Mäßigung der Politik zu erzielen“. Auch berichtet das Blatt, der Präsident des Jüdischen Weltkongress, Rabbi Wise, habe an den Völkerbund appelliert, den Juden beizustehen. Ansonsten zeichnet sich ein düsteres Bild ab: Die Produktion jüdischer Zeitungen eingestellt, prominente Juden arrestiert, ein jüdisches Theater geschlossen, die jüdische Ärzte entlassen und andere Schikanen. Die Zeitung ruft Juden in aller Welt auf, den Brüdern und Schwestern in Österreich zur Seite zu stehen.

25 Pfennige

Jüdische Winterhilfe lindert bitterste Armut mit Pflichtbeitrag für Juden in Deutschland

„In gewissen Gemeinden dieser Bezirke beträgt die Anzahl der Notleidenden 40 bis 90 Prozent der gesamten jüdischen Bevölkerung. Das ist teilweise durch die Tatsache erklärbar, dass ländliche Gemeinden der vollen Kraft der antisemitischen Propagandamaschinerie besonders offen gegenüberstehen.“

Berlin

Mitte Februar 1938 berichtet die „Jewish Telegraphic Agency“, seit Jahren eine aufmerksame Beobachterin der Situation der deutschen Juden, einmal wieder über die Situation der Glaubensbrüder in Deutschland und die Bemühungen der Jüdischen Winterhilfe, den akuten Bedürfnisse der Ärmsten gerecht zu werden. Während der neue Pflichtbeitrag eine vorübergehende Erleichterung bedeutet und das Überleben des Winters einfacher macht, führen die zahlreichen Berufsverbote für Juden, die das Naziregime seit 1933 verhängt, zu einer irreversiblen Verschlechterung ihrer materiellen Situation.

Familie transkontinental

Physische Ängste, wirtschaftliche Sorgen und emotionale Zwangslagen

„Nebenbei, hast Du zufällig Mutters Schmuck bei Dir? Mutter hat mich nämlich gefragt, ob ich Dir etwas davon gesagt hätte, denn ich habe ihnen geraten, ihn zu verkaufen, damit sie etwas haben, wovon sie leben können.“

Chelles/New York

Im Februar 1938 diskutieren zwei Brüder, die auf verschiedenen Kontinenten leben, Joszi Josefsberg in Europa (Chelles, Frankreich) und Arthur Josefsberg in Amerika (New York) in ihrer Korrespondenz, wie man Bürgschaften für die Eltern beschaffen könnte, um diese zu retten. Aber nicht nur die noch nicht sichergestellte Emigration der Eltern beunruhigt Joszi, den Schreiber des Briefes – auch um ihr materielles Überleben macht er sich Sorgen. Überlegungen dieser Art waren weit verbreitet unter Juden, die Eltern, Geschwister und oft auch Ehepartner zurückgelassen hatten. Während der jahrelangen Bemühungen der Nazis, Juden aus zahlreichen Berufen zu verdrängen, war es für die in Deutschland zurückgebliebenen immer schwierger geworden, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

 

Einige Monate nach Abschluss des 1938Projekts erfuhr das LBI, dass der Brief bei der Transkription falsch datiert wurde. Obwohl der Brief später als Februar 1938 geschrieben wurde, beschloss das LBI, ihn aufgrund des wichtigen Inhalts weiterhin im Projekt unter dem bisherigen Datum zu belassen.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Korrespondenz von Arthur Josefsberg, AR 25590

Original:

Archivbox 1, Ordner 1

Aus dem Leeren schöpfen

Wie ihrer Familie in Deutschland helfen, wenn sie selbst kaum über die Runden kommt?

„Ich habe mich an eine alte Bekanntschaft erinnert und geschrieben, man hat sehr nett geantwortet und ich hoffe, dass er in den nächsten Tagen sich bei mir meldet. Ich will mal Ratschläge hören wegen der Ollen und so [...].“

Turin/Rom

In diesem kurzen, schwesterlich-saloppen Brief aus Turin an ihre Schwester Anneliese in Rom kommuniziert Elsa Riess ihre Sorgen um die Eltern, die in Deutschland zurückgeblieben sind. Elsa macht sich Gedanken wegen der beruflichen Situation des Vaters und äußert ihre Absicht, sich nach Möglichkeiten zu erkundigen, den Eltern zu helfen, von denen sie seit einiger Zeit nicht gehört hat. Anneliese war 1933 nach Rom gegangen, um Archäologie zu studieren und hatte 1936 promoviert. Aufgrund ihrer eigenen unsicheren materiellen Situation war sie nicht in der Lage, ihren Eltern finanziell unter die Arme zu greifen. Da sie als Ausländerin in Italien keine Anstellung finden konnte und in der Hoffnung, durch den Erwerb einer praktischen Fähigkeit ihre Erwerbschancen zu verbessern, belegte sie 1937 in Genf einen Kurs als Kinder- und Säuglingsschwester.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Anneliese Riess, AR 10019

Original:

Archivbox 1, Ordner 9

Jahreschronik 1938

Gesetz über die Änderung von Vor- und Familiennamen

Seite aus dem Protokollbuch der Gesellschaft der Freunde in Berlin, 1792 - 1793.

Mit dem Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen regeln die Nationalsozialisten die Änderung des Namens von deutschen Staatsangehörigen oder Staatenlosen mit Wohnsitz im Deutschen Reich. Das Gesetz ermächtigt den Reichsminister des Innern, Vorschriften über die Führung von Vornamen zu erlassen und Vornamen zu ändern, die diesen Vorschriften nicht entsprechen. Eingeschlossen sind Namen, die noch vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 geändert worden waren. Dies betrifft vor allen Dingen assimilierte Juden, die einen als typisch jüdisch geltenden Nachnamen abgelegt hatten und sich nach Ansicht der Nationalsozialisten damit tarnten. Mit dem Erlass des Gesetzes war die rechtliche Grundlage für den Plan geschaffen, alle Juden durch einen Zwangsvornamen zu kennzeichnen.

Zur Jahreschronik 1938

Die Schlinge zieht sich zu

Die Reichsvertretung der Deutschen Juden appelliert an die Regierung

„Ein beträchtlicher Teil der Judenheit in Deutschland, die überwiegend aus älteren Menschen besteht, ist nicht imstande zu emigrieren und wird seine Tage in Deutschland beenden. Wenn er dem staatlichen Wohlfahrtswesen nicht zur Last fallen soll, darf er nicht vollkommen von allen Erwerbsmöglichkeiten ausgeschlossen werden. Selbst die Fortsetzung einer geordneten Auswanderung - und nur dies hält die Tore der Auswanderung offen - ist nur dann möglich, wenn die wirtschaftliche Existenzgrundlage der Juden nicht weiter beschränkt wird.”

Berlin

Die zunächst so genannte Reichsvertretung der Deutschen Juden war im September 1933 als Interessenvertretung gegründet worden. Nach dem Erlass der Nürnberger Gesetze musste sie sich in „Reichsvertretung der Juden in Deutschland“ umbenennen. Ihr Präsident war Rabbiner Leo Baeck. Infolge der zunehmenden Verarmung der jüdischen Bevölkerung, der systematisch die Erwerbsmöglichkeiten entzogen wurden, appellierte die Reichsvertretung der Juden in Deutschland an die Regierung, von weiteren Einschränkungen abzusehen: nicht genug damit, dass die fortschreitende Erwerbslosigkeit eine Belastung für das Wohlfahrtssystem bedeute, sie mache auch die Auswanderung unmöglich.

Ein Tipp aus New York

Überweisungen an jüdische Empfänger in Nazi-Deutschland

Wir möchten darauf hinweisen, dass die Benutzung der Haavaramark die jüdische Auswanderung aus Deutschland fördert.

New York

Ein Vertreter des New Yorker Büros der Intria International Trade & Investment Agency Ltd., London, legt einer Klientin in New York nahe, für „Überweisungen an Personen jüdischer Herkunft, die in Deutschland wohnen“, die „Haavaramark“ zu nutzen. Das Haavara (Transfer) -Abkommen war 1933 zwischen zionistischen Vertretern und den Nazis geschlossen worden: Es ermöglichte den Auswanderen, Geld auf ein deutsches Konto einzuzahlen, das für den Import deutscher Waren nach Palästina verwendet wurde. Der Erlös aus dem Verkauf dieser Waren in Palästina, abzüglich von Kosten, wurde an die Neueinwanderer ausgezahlt.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Familie Ludwig Rosenberger, AR 5824

Original:

Archivbox 1, Ordner 25

Selbsthilfe in düsteren Zeiten

Aus der allgemeinen Arbeitswelt ausgeschlossen, schaffen Juden ihre eigenen Hilfswerke

„Aus der allgemeinen Arbeitswelt ausgeschlossen, schaffen Juden ihre eigenen Hilfswerke”

Berlin

Nach der Verabschiedung der Nürnberger Gesetze 1935 wurden Juden von der Unterstützung durch die „Deutsche Winterhilfe“ ausgeschlossen und mussten ein eigenes Hilfswerk organisieren. Die Gesetzgebung der Nazis machte es immer schwieriger für Juden in Deutschland, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Jüdische Winterhilfe sprang in die Bresche und versorgte die verarmten Mitglieder mit Lebensmitteln, Medizin und Heizmaterial. Die Aufnahme zeigt ein Benefizkonzert zugunsten der Jüdischen Winterhilfe.

 

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