External links are disabled on the kiosk. Please visit archive links from desktop or mobile devices.

Neubeginn mit 40

Moses Wainstein überwindet die Hürden internationaler Bürokratie

Marseille

Marseille war für die Exilanten einer der wichtigsten Abfahrthäfen nach Übersee. Hier beschaffte sich Moses Wainstein die restlichen Papiere für seine Emigration nach Uruguay. Diese Bescheinigung über eine Reiseimpfung war zur Vorlage bei den dortigen Behörden in Spanisch abgefasst. Seine Habseligkeiten hatte sich der Berliner bereits durch eine deutsche Spedition nach Marseille schicken lassen. Wainstein war zu diesem Zeitpunkt 40 Jahre alt.

QUELLE

Institution:

Deutsches Historisches Museum

Original:

Impfbescheinigung, ausgestellt auf dem Dampfer „Campana“ für Moses Wainstein.

Jahreschronik 1938

Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden

Ein von National-Sozialisten beschädigtes Geschäft in Wien. United States Holocaust Memorial Museum.

Hermann Göring erlässt die „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden“. Dernach sind alle Juden im Deutschen Reich unter Androhung von Geld-, Haft- und Zuchthausstrafen angehalten, ihr Vermögen im In- und Ausland zu melden, wenn es den Betrag von 5.000 Reichsmark übersteigt. Alf Krüger, Ministerialrat im Reichswirtschaftsministerium, nennt die Regelung den „Wegbereiter zu der völligen und endgültigen Entjudung der deutschen Wirtschaft“. Drei Tage später wird in einem Arbeitstreffen bei Göring geplant, das jüdische Vermögen so umzuwandeln, dass es “keinen wirtschaftlichen Einfluss mehr gestatte[t]“. Göring erläutert später, dass in der Besprechung im April bereits der Beschluss gefasst wurde, „die deutsche Wirtschaft zu arisieren, den Juden aus der Wirtschaft heraus und in das Schuldbuch hineinzubringen und auf die Rente zu setzen. […] Die Entschädigung wird im Schuldbuch vermerkt und zu einem bestimmten Prozentsatz verzinst. Davon hat er zu leben.“ Nach den Novemberprogromen nutzten die Nationalsozialisten die erworbenen Daten als Grundlage, um den Juden ein Viertel ihres Vermögens abzunehmen. Als nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Entschädigungsverfahren begannen, dienten die Daten dazu, die ursprünglichen Eigentümerschaften festzustellen.

 

Zur Jahreschronik 1938

Ohne Gesundheit keine Sicherheit

Ein Gesundheitszeugnis von der kolumbianischen Botschaft

Berlin/Breslau

Angesichts der drohenden Gefahr erwog der junge Breslauer Jazzmusiker Werner Dambitsch verschiedene Optionen der Auswanderung. Wie viele andere auch betrachtete er Kuba – ein Zielland, für das es bedeutend leichter war, ein Visum zu bekommen – als eine Art „Wartezimmer“ auf dem Weg zum Ziel so Vieler, den Vereinigten Staaten. Während der Antrag zur Einwanderung nach Kuba lief, scheint Dambitsch zur Sicherheit auch bei der kolumbianischen Botschaft in Berlin ein Visum beantragt zu haben. Bei dem hier gezeigten Dokument handelt es sich um das Gesundheitattest, das vom Arzt der kolumbianischen Botschaft ausgestellt wurde und dem zukünftigen Einwanderer beste Gesundheit bescheinigt – eine der unabdingbaren Voraussetzungen zum Erhalt eines Visums.

(K)ein Halbgott in weiß

An intentional misdiagnosis remedied

„Es ist deshalb völlig unerklärlich, wieso ein früherer Untersucher in Stuttgart zur Annahme einer tuberkulösen Lungenerkrankung bei diesem kerngesunden, jungen Menschen gelangen konnte.“

Zürich

Monate nachdem er Deutschland verlassen hatte, hielt sich Herbert Friedmann (später Freeman) noch immer in Zürich auf und wartete darauf, sich endlich seiner Familie anschließen zu können, die bereits in Amerika war. Infolge einer anscheinend absichtlichen Fehldiagnose als „Tuberkuloseträger“ im US-Konsulat in Stuttgart hatte Herbert nicht mit seiner Mutter und seinem Bruder emigrieren können. Schließlich, am 2. Februar 1938, attestierte ein Zürcher Arzt dem Jungen einen „weit überdurchschnittlichen Gesundheitszustand“ und schrieb die frühere Diagnose einem Irrtum zu. Der Arzt, der dieses entscheidende medizinische Gutachten ausstellte, war Dr. Ernst Hanhart, ein Genetiker und Eugeniker, der während des Naziregimes regelmäßig in Deutschen Zeitschriften über „Rassenhygiene“ veröffentlichte und z.B. die medizinisch-genetischen Informationen lieferte, die die Zwangssterilisation Taubstummer legitimierte.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Herbert Freeman, AR 25346

Original:

Archivbox 1, Ordner 7

NACH OBEN