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Karl Bonhoeffer empfiehlt

Der Vater von Klaus und Dietrich steht für eine Kollegin ein

„Sie besitzt außergewöhnliche diagnostische Fähigkeiten. Ihre Arbeitsenergie ist groß. Sie ist vertrauenswürdig und zuverlässig im medizinischen Dienst. Diese Eigenschaften sind es, die ihr die Bewunderung der Ärzte und das Vertrauen ihrer Patienten erwarben.“

Berlin

Prof. Karl Bonhoeffer, ein Psychiater und Neurologe sowie der Vater zweier prominenter Gegner des NS-Regimes, Klaus und Dietrich Bonhoeffer, lehrte an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin und leitete die Abteilung für psychische und Nervenkrankheiten an der Charité. In diesem Empfehlungsschreiben – in englischer Sprache zum Gebrauch im Exil abgefasst – lobt Bonhoeffer die herausragenden Leistungen seiner jüdischen Kollegin Dr. Herta Seidemann. Während seine Einstellung zu gewissen Programmen der Nazis (z.B. Zwangssterilisierung von Erbkranken und Euthanasie) umstritten ist, steht sein Einsatz für verschiedene jüdische Kollegen außer Zweifel.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Herta Seidemann, AR 25060

Original:

Archivbox 1, Ordner 5

Annelieses Kampf im Alltag

Briefwechsel einer verstreuten Familie

„Ich würde Dir jedenfalls raten, Dich an die Dame zu wenden. Sie könnte doch die Möglichkeit haben, in ihrem Bekanntenkreis etwas für Dich zu finden“.

Berlin / Rom

Im März 1938 lebt Anneliese Riess noch immer in Rom. Zusätzlich zu ihrem Briefkontakt mit ihrer Schwester Else (s. Brief vom 5. Februar) korrespondiert sie mit ihren Eltern in Berlin. Wie bei anderen Familien, die über mehrere Länder verstreut sind, befassen sich die Briefe der Familie Riess mit alltäglichen Begebenheiten und praktischen Auskünften zur Emigration. Da ihr italienisches Visum kurz vor dem Ablaufen steht, versucht die junge Frau, einen neuen, sicheren Zufluchtsort zu finden. Durch ihren Freundeskreis hat ihre Mutter von der Möglichkeit einer Anstellung Annelieses in Lund, Schweden erfahren. In diesem Brief rät sie ihr, sich genauer darüber zu erkundigen.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Anneliese Riess, AR 10019

Original:

Archivbox 1, Folder 9

Arisierung

Juden werden gezwungen, ihren Besitz zu veräussern

„Wir nehmen gerne Veranlassung, Ihnen für das entgegengebrachte Vertrauen zu danken“.

Augsburg

Nach über hundert erfolgreichen Geschäftsjahren gibt die Baumwollweberei M.S. Landauer in Augsburg den Verkauf des Unternehmens bekannt. Während des Naziregimes wurden Juden gezwungen, ihren Besitz an „Arier“ zu verkaufen – für gewöhnlich erheblich unter dem tatsächlichen Wert. In manchen Fällen kamen die Besitzer der offiziellen Aufforderung zuvor, was sie aber in der Regel nicht vor größeren Verlusten bewahrte. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der Gründer der Firma F.C. Ploucquet, in deren Besitz das Unternehmen übergegangen war, hugenottischer Abstammung und damit selbst Mitglied einer Gemeinschaft gewesen war, die schwere Verfolgungen erlebt hatte.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Landauer Familie, AR 207

Original:

Archivbox 1, Ordner 2

Anlernwerkstatt und Auswanderungspläne

Ein Frankfurter Lehrer sucht Hilfe bei einem Kollegen

„Wir wollen drüben mit Menschen zusammen kommen, mit denen wir auch über unsere Pläne - nicht über unsere persönlichen, sondern über die jüdisch-sozialen - sprechen können. Die Situation für die jüdische Jugend wird doch von Tag zu Tag ernster, und wir halten uns für verpflichtet, alle Möglichkeiten, die wir drüben sehen, auszunutzen.“

Frankfurt am Main/Bonn

Kaum hatte er seine Karriere als Lehrer am Goethe-Gymnasium in Frankfurt am Main begonnen, verlor Hans Epstein 1933 nach der Machtergreifung seine Stelle. Nach einem kurzen Intermezzo als Lehrer am berühmten „Philanthropin“ in Frankfurt am Main, einer progressiven jüdischen Schule mit dem Wahlspruch „Für Aufklärung und Humanität“, wurde er zum Mitbegründer der „Anlernwerkstatt“, die jüdische Kinder auf die Emigration in die USA vorbereitete. Der Mathematiker Otto Toeplitz, ein passionierter Pädagoge, unterrichtete nun Kinder und organisierte die Auswanderung von Studenten in die Vereinigten Staaten. In diesem Brief bittet Epstein Toeplitz um ein Empfehlungsschreiben und um Kontakte in den USA, die seinen Bemühungen förderlich sein könnten.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Hans Epstein, AR 6362

Original:

Archivbox 1, Ordner I.13

Jungen wissen, Mädchen bemuttern

Der Preußische Landesverband Jüdischer Gemeinden schenkt geschlechtsspezifisch

„Die Schenkung erfolgt zu den gleichen Bedingungen, wie die der Barmizwah-Geschenke für Knaben: Gemeinden unter 1000 Seelen erhalten das Buch auf Anforderung kostenlos zur Verfügung gestellt“.

Berlin

Auf zahlreiche Bitten hin entschloss sich der 1921 gegründete Preußische Landesverband Jüdischer Gemeinden, parallel zu den Büchern, die an Bar Mizwa-Jungen verteilt wurden, auch Mädchen Buchgeschenke zukommen zu lassen. Das Lesematerial für Jungen zielte darauf ab, jüdisches Wissen zu vertiefen. Das Buch, das nur den Mädchen angeboten wurde, „Jüdische Mütter“ von Egon Jacobsohn und Leo Hirsch, reflektiert traditionelle Geschlechterrollen. Bereits im 19. Jahrhundert hatten reformorientierte Gemeinden in Deutschland eine kollektive Konfirmation für Mädchen und Jungen gemeinsam angeboten. Mancherorts war eine individuelle „Einsegnung“ der Mädchen üblich, aber eine moderne Bat Mizwa-Zeremonie, wie wir sie heute kennen, gab es 1938 nicht.

QUELLE

Institution:

New Synagogue Berlin – Centrum Judaicum

Sammlung:

Memorandum des Preußischen Landesverbandes Jüdischer Gemeinden an Mitgliedsgemeinden hinsichtlich der Geschenke für Mädchen anlässlich Konfirmation und Schulabschlusses sowie anlässlich der Bar Mitzvah für Jungen.

Original:

CJA, 2 A 2, Nr. 2749

Familienbande

Eine Bürgschaft vom Onkel

„Sobald ich all diese Angaben von Dir bekomme, stelle ich die erforderlichen Bürgschaften und schicke die Angaben an Dr. Pollak, der ebenfalls seine Bürgschaften schicken wird, so dass Du und Deine Familie kommen könnt.“

Newark, New Jersey/Baden

Charles Manshel, ein wohlhabender, selbst aus Österreich stammender Geschäftsmann, verspricht seiner Cousine Irene Ehrlich in Baden bei Wien, er werde Bürgschaft für sie und ihre Familie übernehmen, sobald er die erforderlichen persönlichen Daten bekäme. Der Brief zeigt Manshels aufrichtiges Bemühen, seinen Angehörigen nicht nur den Weg zur Einwanderung zu bahnen, sondern auch etwas für die berufliche Integration des Ehemanns seiner Nichte, Dr. Eduard Ehrlich, zu tun. Unbeschadet seines Erfolges später im Leben war Manshel Not nicht fremd: Als Sechzehnjähriger war er durch den Tod des Vaters gezwungen gewesen, zum Ernährer seiner Familie zu werden.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung George und Paul Ehrlich, AR 11418

Original:

Archivbox 1, Ordner 1

Liebeskummer

Ein Freund spendet Trost angesichts der drohenden Trennung von der Geliebten

„Ich sage es ist gut, wenn man sich lange nicht sieht, erst dann kann man erkennen, wie sehr oder wie wenig Menschen sich geändert haben.“

Hamburg/Meran

1938 war Familie Hirsch aus Hamburg bereits nach Italien ausgewandert. Angesichts der instabilen Situation in Europa hatten mehrere Familienmitglieder begonnen, nach Möglichkeiten der Emigration in die Vereinigten Staaten oder nach Südamerika Ausschau zu halten. Julius Hirsch hatte Elisabeth Schiff 1935 bei einem Besuch in Belgien kennengelernt und sich in sie verliebt. Familie Schiff hatte keine Pläne, Europa zu verlassen, und als Visen für El Salvador für Julius und andere Familienangehörige beschafft worden waren, muss ihn der Gedanke der Trennung von seiner Geliebten geschmerzt haben: In diesem Brief versichert ihm ein Freund aus Hamburg, eine vorübergehende Trennung sei keine schlimme Sache. Die Vereinigten Staaten verweigerten ihm das notwendige Transit-Visum, und Julius musste in Italien zurückbleiben. Schließlich kam er in England wieder mit seiner Elisabeth zusammen.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Julius und Elisabeth Hirsch, AR 25585

Original:

Archivbox 1, Ordner 3

Alles in Ordnung im Gefängnis

Die Briefe des Häftlings Alfred Rahn

„Es geht mir den Verhältnissen entsprechend gut und wenn ihr euch keine Sorgen macht, dann werde ich alles doppelt so leicht tragen können.“

Nürnberg/Fürth

Da er das Familienunternehmen nicht aufgeben wollte und in der Hoffnung, die Situation der Juden werde sich mit der Zeit wieder bessern, hatte Alfred Rahn zunächst gezögert, an Emigration zu denken. 1937 jedoch besorgte sich die Familie Visen für die Vereinigten Staaten und verkaufte das Geschäft an einen Nicht-Juden. Da die Nazis dem Verkauf nicht offiziell zugestimmt hatten, bezichtigten sie Rahn der versuchten Unterschlagung und er wurde zu einer 14-monatigen Haftstrafe verurteilt. Aus der Haft schreibt Rahn seiner Frau Lilli in sachlichem Ton von seiner Hoffnung auf Verlegung in eine andere Abteilung, von der ihm auferlegten Arbeit und von seiner Lektüre und erweckt den Eindruck, alles sei in bester Ordnung.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Rahn Familie, AR 25538

Original:

Archivbox 1, Ordner 10

Ein Ort der Zuflucht wird bedroht

Das Heim des Jüdischen Frauenbundes in Neu-Isenburg

„Die Isenburger Polizei stellte uns heute das Ultimatum entweder Esther Kleinmanns Papiere ihr bis spätestens den 25. ds. vollzählig (Abmeldung und Pass) zu übergeben oder aber würde Esther Kleinmann ausgewiesen.“

Neu-Isenburg/Darmstadt

Bertha Pappenheim (1859–1936), geboren und aufgewachsen in Wien, war eine führende deutsch-jüdische Frauenrechtlerin. Besser bekannt als die Patientin „Anna O.“ aus Sigmund Freuds „Studien zur Hysterie“, siedelte sie 1880 nach Frankfurt a. M. über, wo sich der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit allmählich vom Karitativen zur sozialen Stärkung von Frauen verlagerte. 1907 richtete sie in Neu-Isenburg ein Heim für schutzbedürftige junge jüdische Frauen ein, das sie als ihre wichtigste Errungenschaft betrachtete. Unter den Nationalsozialisten musste das Heim sämtliche Bewohnerinnen polizeilich melden. In dem hier abgebildeten Brief bittet die Sekretärin des Heims Rabbiner Dr. Merzbach im Bezirksrabbinat Darmstadt, umgehend die Papiere der Heimbewohnerin Esther Kleinmann zu schicken, da diese sonst mit Ausweisung zu rechnen habe.

QUELLE

Institution:

Jüdisches Museum Berlin

Sammlung:

Sammlung Familien Katz/Rubin, Schenkung von Sally und Chaim Katz

Familie transkontinental

Physische Ängste, wirtschaftliche Sorgen und emotionale Zwangslagen

„Nebenbei, hast Du zufällig Mutters Schmuck bei Dir? Mutter hat mich nämlich gefragt, ob ich Dir etwas davon gesagt hätte, denn ich habe ihnen geraten, ihn zu verkaufen, damit sie etwas haben, wovon sie leben können.“

Chelles/New York

Im Februar 1938 diskutieren zwei Brüder, die auf verschiedenen Kontinenten leben, Joszi Josefsberg in Europa (Chelles, Frankreich) und Arthur Josefsberg in Amerika (New York) in ihrer Korrespondenz, wie man Bürgschaften für die Eltern beschaffen könnte, um diese zu retten. Aber nicht nur die noch nicht sichergestellte Emigration der Eltern beunruhigt Joszi, den Schreiber des Briefes – auch um ihr materielles Überleben macht er sich Sorgen. Überlegungen dieser Art waren weit verbreitet unter Juden, die Eltern, Geschwister und oft auch Ehepartner zurückgelassen hatten. Während der jahrelangen Bemühungen der Nazis, Juden aus zahlreichen Berufen zu verdrängen, war es für die in Deutschland zurückgebliebenen immer schwierger geworden, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

 

Einige Monate nach Abschluss des 1938Projekts erfuhr das LBI, dass der Brief bei der Transkription falsch datiert wurde. Obwohl der Brief später als Februar 1938 geschrieben wurde, beschloss das LBI, ihn aufgrund des wichtigen Inhalts weiterhin im Projekt unter dem bisherigen Datum zu belassen.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Korrespondenz von Arthur Josefsberg, AR 25590

Original:

Archivbox 1, Ordner 1

Aus dem Leeren schöpfen

Wie ihrer Familie in Deutschland helfen, wenn sie selbst kaum über die Runden kommt?

„Ich habe mich an eine alte Bekanntschaft erinnert und geschrieben, man hat sehr nett geantwortet und ich hoffe, dass er in den nächsten Tagen sich bei mir meldet. Ich will mal Ratschläge hören wegen der Ollen und so [...].“

Turin/Rom

In diesem kurzen, schwesterlich-saloppen Brief aus Turin an ihre Schwester Anneliese in Rom kommuniziert Elsa Riess ihre Sorgen um die Eltern, die in Deutschland zurückgeblieben sind. Elsa macht sich Gedanken wegen der beruflichen Situation des Vaters und äußert ihre Absicht, sich nach Möglichkeiten zu erkundigen, den Eltern zu helfen, von denen sie seit einiger Zeit nicht gehört hat. Anneliese war 1933 nach Rom gegangen, um Archäologie zu studieren und hatte 1936 promoviert. Aufgrund ihrer eigenen unsicheren materiellen Situation war sie nicht in der Lage, ihren Eltern finanziell unter die Arme zu greifen. Da sie als Ausländerin in Italien keine Anstellung finden konnte und in der Hoffnung, durch den Erwerb einer praktischen Fähigkeit ihre Erwerbschancen zu verbessern, belegte sie 1937 in Genf einen Kurs als Kinder- und Säuglingsschwester.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Anneliese Riess, AR 10019

Original:

Archivbox 1, Ordner 9

Jahreschronik 1938

Gesetz über die Änderung von Vor- und Familiennamen

Seite aus dem Protokollbuch der Gesellschaft der Freunde in Berlin, 1792 - 1793.

Mit dem Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen regeln die Nationalsozialisten die Änderung des Namens von deutschen Staatsangehörigen oder Staatenlosen mit Wohnsitz im Deutschen Reich. Das Gesetz ermächtigt den Reichsminister des Innern, Vorschriften über die Führung von Vornamen zu erlassen und Vornamen zu ändern, die diesen Vorschriften nicht entsprechen. Eingeschlossen sind Namen, die noch vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 geändert worden waren. Dies betrifft vor allen Dingen assimilierte Juden, die einen als typisch jüdisch geltenden Nachnamen abgelegt hatten und sich nach Ansicht der Nationalsozialisten damit tarnten. Mit dem Erlass des Gesetzes war die rechtliche Grundlage für den Plan geschaffen, alle Juden durch einen Zwangsvornamen zu kennzeichnen.

Zur Jahreschronik 1938

Wagnis Amerika

Ein Freund drängt zum Aufbruch.

„Mein schönster Traum ist, dass alle Menschen, die ich gerne habe, in meiner Nähe leben sollen.“

New York/Berlin

Mit der Anzahl der jüdischen Emigranten aus Deutschland nahm auch die Korrespondenz zwischen Freunden und Verwandten zu, die das Land bereits verlassen hatten, und denjenigen, die zurückgeblieben waren. In diesem handgeschriebenen Brief vom 23. Januar legt Mikloś Ehrenfeld seinem Freund Kunibert in Berlin nahe, trotz seiner guten Stellung Deutschland zu verlassen und nach Amerika zu kommen. Als Hauptzwecke nennt er Selbstverwirklichung und die Verfolgung persönlicher Träume. Dies, so meinte er, sei in Deutschland derzeit nicht möglich.

Mischehe dank Sondererlaubnis

Glückwunschbrief an Hermann Hoerlin aus Anlass seiner bevorstehenden Hochzeit mit Käthe Schmid

„Ich wünsche Ihnen beiden allen Segen. Es gibt gewiss keine prächtigere, edlere Natur, ein freudiger von ihr ausgestattetes Menschenkind als Käte [sic] Schmid, und es ist darum viel damit gesagt, wenn man sie Ihnen, lieber Herr Hoerlin, gleichsam zuspricht und das von Herzen, ohne Wenn und Abers, ohne jede Einschränkung.“

Salzburg/Stuttgart

Ein unbekannter Schreiber gratuliert dem deutschen Bergsteiger und Physiker Hermann Hoerlin zu seiner bevorstehenden Hochzeit mit Käthe Schmid, die laut Sprachgebrauch der Nazis „Halbjüdin“ war. Das 1935 verabschiedete „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ verbot die Eheschließung zwischen Juden und Nicht-Juden. Nach langen Bemühungen bekam das Paar eine Sondergenehmigung, und die Hochzeit konnte stattfinden.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Kate and Herman Hoerlin, AR 25540

Original:

Archivbox 2, Ordner 13

Ein Tipp aus New York

Überweisungen an jüdische Empfänger in Nazi-Deutschland

Wir möchten darauf hinweisen, dass die Benutzung der Haavaramark die jüdische Auswanderung aus Deutschland fördert.

New York

Ein Vertreter des New Yorker Büros der Intria International Trade & Investment Agency Ltd., London, legt einer Klientin in New York nahe, für „Überweisungen an Personen jüdischer Herkunft, die in Deutschland wohnen“, die „Haavaramark“ zu nutzen. Das Haavara (Transfer) -Abkommen war 1933 zwischen zionistischen Vertretern und den Nazis geschlossen worden: Es ermöglichte den Auswanderen, Geld auf ein deutsches Konto einzuzahlen, das für den Import deutscher Waren nach Palästina verwendet wurde. Der Erlös aus dem Verkauf dieser Waren in Palästina, abzüglich von Kosten, wurde an die Neueinwanderer ausgezahlt.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Familie Ludwig Rosenberger, AR 5824

Original:

Archivbox 1, Ordner 25

Willkürliche Zerreissproben

Der kleine Herbert wartet auf ein Visum

Erinnert Papa sich noch an den „Mistkäfer“ wo Herr M. sagte, dass er niemals aus Deutschland herausginge und in Deutschland eine Judenkolonie gebaut werden sollte? Scheinbar hat er sich's jetzt anders überlegt.

Zürich/New York

Herbert Freeman wurde am 13. Dezember 1925 als Herbert Friedmann in Frankfurt am Main geboren. Sein Vater Leo Friedmann wanderte als erster nach Amerika aus. Die Mutter, Herbert und sein Bruder beantragten in Stuttgart ihre Visa. Bei der obligatorischen Untersuchung wurde der kerngesunde Herbert als „Tuberkuloseträger“ diagnostiziert und durfte nicht mitkommen, als seine Mutter und seine Bruder 1936 die Reise nach Amerika antraten. Nach mehreren weiteren erfolglosen Versuchen wurde der zwölfjährige Herbert nach Zürich geschickt, um die Stuttgarter US-Botschaft zu umgehen (die Erlaubnis, den Antrag außerhalb Deutschlands zu stellen, war nicht zuletzt der Intervention Albert Einsteins zu verdanken). Den Brief schrieb er während seines Aufenthaltes in der Schweiz. Er erwähnt seinen bevorstehenden Besuch im Konsulat und die erneute Beantragung eines Visums und beschreibt die Zeit der Trennung von der Familie.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Familie Herbert Freeman, AR 25346

Original:

Archivbox 1, Ordner 4

Große Kleinigkeiten

Ein Brief aus dem Gefängnis

„Under the circumstances I am doing fine, and when I think that it will be already two weeks tomorrow, I can hardly believe it. One must not think and brood too much, that’s the only way to keep one’s spirit up. And that’s what I want!“

Fürth

In Vorbereitung der Auswanderung nach Amerika verkaufte Alfred Rahn im November 1937 die Familienfirma, die Eisen- und Metallhandlung M.S. Farrnbacher in Fürth – ohne Zustimmung der Nazi-Behörden. Anstatt, wie geplant, Ende Dezember in die USA aufzubrechen, musste er deshalb eine 14-monatige Gefängnisstrafe antreten. Von seiner Gefängniszelle in Fürth aus kommuniziert Alfred Rahn Dankbarkeit für empfangene Gaben und weitere Bedürfnisse an seine Frau Lilly, eine Literaturwissenschaftlerin, die 1934 als letzte jüdische Doktorandin die Universität Erlangen absolviert hatte (siehe Eintrag vom 19.2.).

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Familie Rahn, AR 25538

Original:

Archivbox 1, Ordner 10

„Ein stilles Licht in der dunklen Nacht“

Geburtstagswünsche in schwierigen Zeiten

„Wohl uns, wenn wir am Ende unsrer Tage auch sagen dürfen, dass unser Leben ein tapfer durchkämpftes war, wenn wir uns ausstrecken können in dem Bewusstsein, anständig bis zuletzt gefochten zu haben.“

Dresden/Hildesheim

In Zeiten, als düstere Ereignisse die Geschichte bestimmten, konnte auch der Ton von Geburtstagswünschen die Umstände reflektieren. Der jüdische Junge Fritz Schürmann aus Hildesheim und der protestantische Junge Gerhard Loeffler aus Dresden waren seit Jahren gute Freunde gewesen. Zum 18. Geburtstag wünschte Gerhard seinem Freund Fritz Schutz, Trost und Stärke. Auf eine für so junge Leute ungewöhnlich Weise versuchte Gerhard, Fritz von der Notwendigkeit schwieriger Erfahrungen im menschlichen Leben zu überzeugen.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Frank M. Shurman, AR 25219

Original:

Archivbox 2, Ordner 8

Krisenmanagement

Fabrikteilhaber reagieren auf die Anforderungen des Tages

„Wie sich die Verhältnisse gestalten werden, kann niemand von uns voraussagen, dass wir an dem gemeinsam Aufgebauten festhalten, solange es geht, kann uns kein Mensch übel nehmen, und ob alles, was wir jetzt oder in nächster Zeit tun, richtig ist, kann auch von niemand abgewertet werden, vielleicht war alles falsch und alles zu spät.”

Göppingen

Familie Fleischer betrieb eine Papierfabrik in Eislingen und lebte im benachbarten Göppingen. In dieser internen Mitteilung werden die Adressaten dringend ermahnt, sich trotz der harten Zeiten an den Geschäftsvertrag zu halten. Der Unterzeichner kündigt an, er werde in die USA reisen, um sich dort zu „orientieren“. Auch wenn die politische Situation nicht explizit erwähnt wird, ist die Spannung deutlich spürbar.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Familie Fleischer-Steiner, AR 25083

Original:

Archivbox 1, Ordner 3

Jahreschronik 1938

Gesetz über die Änderung von Vor- und Familiennamen

Seite aus dem Protokollbuch der Gesellschaft der Freunde in Berlin, 1792 - 1793.

Mit dem Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen regeln die Nationalsozialisten die Änderung des Namens von deutschen Staatsangehörigen oder Staatenlosen mit Wohnsitz im Deutschen Reich. Das Gesetz ermächtigt den Reichsminister des Innern, Vorschriften über die Führung von Vornamen zu erlassen und Vornamen zu ändern, die diesen Vorschriften nicht entsprechen. Eingeschlossen sind Namen, die noch vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 geändert worden waren. Dies betrifft vor allen Dingen assimilierte Juden, die einen als typisch jüdisch geltenden Nachnamen abgelegt hatten und sich nach Ansicht der Nationalsozialisten damit tarnten. Mit dem Erlass des Gesetzes war die rechtliche Grundlage für den Plan geschaffen, alle Juden durch einen Zwangsvornamen zu kennzeichnen.

Zur Jahreschronik 1938

Briefe über den Ozean

Visumsbeschränkungen verstreuen deutsch-jüdische Familien

„Inzwischen ist das Neue Jahr gekommen. Was wird es uns bringen?“

Columbus, Ohio/Mannheim

Diesen Brief schrieb Otto Neubauer aus Mannheim, der Deutschland kurz zuvor verlassen hatte, an seinen Vater Maximilian und seinen Bruder Ernst. Da der Rest der Familie trotz jahrelanger Bemühungen nicht emigrieren durfte, versuchte Otto auf dem Wege der Korrespondenz Kontakt zu halten. Der reiche Briefaustausch zwischen den Angehörigen der Familie Neubauer reflektiert, ähnlich wie bei vielen anderen deutsch-jüdischen Emigranten in den dreißiger Jahren, starke Sehnsuchtsgefühle und den Versuch, jeden Aspekt des neuen Lebens in Amerika zu beschreiben.

QUELLE

Institution:

Leo Baeck Institute – New York | Berlin

Sammlung:

Sammlung Otto Neubauer, AR 25339

Original:

Archivbox 1, Ordner 3

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