Stolpertexte
Literatur, die Geschichte lebendig hält





Das Leo Baeck Institute –New York | Berlin hat sein Archiv für Autorinnen und Autoren geöffnet in einem einzigartigen Literaturprojekt. Unter dem Titel „Stolpertexte“ sind Autorinnen und Autoren auf die Spur von Lebenszeugnissen deutscher Juden im Nationalsozialismus gegangen, deren persönliche Dokumente im Archiv des Leo-Baeck-Institutes gesammelt sind. Daraus sind literarische Texte entstanden, die, ähnlich den Stolpersteinen in europäischen Städten, an die Leben und Hoffnungen der Menschen erinnern, denen unter der Nazi-Terrorherrschaft alles genommen wurde.
Fast 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sind kaum mehr Zeitzeugen am Leben, die von Terror und Shoah berichten können. In Archiven wie dem Leo-Baeck-Institut sind zehntausende solcher Zeugnisse gesammelt. Hinter manch lapidarem Brief versteckt sich eine Tragödie, an letzten Fotos erkennen wir die Spur eines nicht mehr gelebten Lebens. Ein Verkaufsdokument erweist sich als dramatischer Wendepunkt im Leben eines Menschen.
Die Idee des Journalisten Matthias Pfeffer war es nun, gemeinsam mit dem Leo-Baeck-Institut sowohl bekannte als auch noch unbekannte AutorInnen einzuladen, aus den einzigartigen privaten Aufzeichnungen und Dokumenten wieder lebendige Erzählungen werden zu lassen. Markus Krah, Direktor des Leo-Baeck-Instituts New York bemerkt dazu: „Das Geschichtenerzählen ist von zentraler Bedeutung dafür, wie wir unsere Welt und uns selbst verstehen. Diese kurzen Texte laden Leserinnen und Leser ein, sich das Leben der Menschen vorzustellen, die Spuren in den Archiven des Leo-Baeck-Instituts hinterlassen haben.“
Zu den bisher 30 Autorinnen und Autoren, die sich an dem Projekt beteiligt haben, gehören unter anderen Fred Breinersdorfer, Ulrike Draesner, Lena Gorelik, Olga Grjasnowa, Tanja Kinkel, Moritz Rinke, Norbert Hummelt, Tijan Sila, die kurdisch-deutsche Schriftstellerin Karosh Taha sowie Dana von Suffrin und Julie Zeh.
Die StolperTexte sollen zuerst in einer gekürzten Version in deutschen Medien erscheinen - vor allem dort, wo die Menschen einst lebten - und damit die Routine der täglichen Lektüre unterbrechen. Danach werden sie online auf der Webseite des Leo Baeck Instituts New York zu finden sein und mit Originaldokumenten, Ton- und Filmaufzeichnungen sowie Autorenlesungen ergänzt. Ende des Jahres werden sie als Buch erscheinen.
Das Projekt wurde initiiert von dem TV-Journalisten, Autor und Produzenten Matthias Pfeffer, der es auch mit-kuratiert hat. Er ist Direktor des Councils for European Public Space, einer Non-Profit Organisation, die sich für eine demokratische und europäische digitale Öffentlichkeit einsetzt.
Bisher veröffentlichte Stolpertexte
- Fred Breinersdorfer, "Neue Verhältnisse", Stuttgarter Zeitung, 19. April 2023.
- Ulrike Draesner, "Erinnerung Lernen", Berliner Zeitung, 6. Dezember 2023.
- Orhan Erdem, "'Was man schreibt, das bleibt", Mitteldeutsche Zeitung, 31. August 2024.
- Lena Gorelik, "Es ist 1930, Friederike ist 30 Jahre alt und wiegt 32 Kilo", Berliner Zeitung, 25. Juli 2024.
- Nicolas Greiner, "Stilles Heldentum", Mannheimer Morgen, 19. März 2024.
- Olga Grjasnowa, "'Ich brauche dich': Die Geschichte des jüdischen Ehepaars Ernst und Erna Feder", Der Tagespiegel, 20 März 2024.
- Norbert Hummelt, "Familie Strauss in Marburg: Die Geschichte (fast) vergessener Juden", Oberhessische Presse, 22. März 2023.
- Mascha Jacobs, "Villeicht Quittengelee", Frankfurter Rundeschau, 28. August 2024.
- Tanja Kinkel, "'Ich habe noch nie so sehr geweint': Wie das Leben einer Bamberger Familie ab 1933 zerstört wurde", Nürnberger Nachrichten, 23. März 2024.
- Felicitas Korn, "Die Bildhauerin Erna Weill: Das ist mein Weg", Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. Mai 2024.
- Tara Meister, "Es gibt nicht nur Stolpersteine, es gibt auch Stolpertexte: Tara Meister erinnert an eine jüdische Aktivistin" ("Flieder"), Die Presse (Vienna), 14. April 2024.
- Amalie Mbianda Njiki, "In diesen Minuten zerbrach eine Welt", Südkurier (Konstanz), 15. Juni 2024.
- Moritz Rinke, "In Gedenken an die Familie Zwienicki in Bremen" und "Der neue Stolperstein an meinem Kühlschrank", Weser Kurier, 18. und 25. März 2023.
- Katja Röder, "Bittere Botschaft eines Briefes", Fränkischer Tag, 3. Juni 2024.
- Victor Sattler, "Hoffentlich ist es dann nicht zu Spät", 54books.de, 17. August 2023.
- Tijan Sila, "Abschied aus Kaiserslautern", Die Rheinpfalz, 4. März 2024.
- Konstantin Schmidtbauer, "Brief aus den letzten Tagen jüdischen Lebens", Burgenland Kurier, 27. Dezember 2023. (der Text is auch auf der Webseite der Burgenländischen Forschungsgesellschaft erschienen.)
- Dana von Suffrin, "Ein lebenslanger Kampf", Süddeutsche Zeitung, 26. März 2024.
- Karosh Taha, "Der Tod forderte seinen Teil von mir", Münchner Merkur, 3. April 2024.
- Karosh Taha, "Schlimmer behandelt als Vieh", Berliner Zeitung, 5. August 2024.
- Ruth-Maria Thomas, "(Der Himmel leuchtete rot) Wie eine Jüdin in den 1930er-Jahren aus Deutschland floh", Lausitzer Rundschau, 21. März 2024.
- Ulrich Woelk, "'Ich weinte vor Freude' Der Vernichtung knapp entkommen – das Schicksal der Kölner Jüdin Melanie Leffmann", 8. Juli 2024.
- Juli Zeh, "Die Lange Reise der Edith Hillinger", Märkische Allgemeine Zeitung, 16. März 2024.
Medienecho zum Projekt
- David Dambitsch, "Neues Projekt: Stolpertexte des Leo Baeck Instituts," Deutschlandfunk, 3. Januar 2025.
- Heribert Prantl, "Stolpersteine, Stolpertexte", Prantls Blick, 24. November 2024.
- Christhard Läpple, "Stolpertexte", 3Sat/Kulturzeit (ab 7:55), 28. März 2024.
- Ulrich Gutmair, "Literarisches Gedenken (Eindrücke von der Leipziger Buchmesse)", taz, 22. März 2024.
- Florian Pfitzner, " 'Stolpertexte' erzählen Lebensgeschichten getöteter Juden in Nazi-Deutschland", Frankfurter Rundschau, 19. März 2024.
- Bettina Treiber, "Erster Stolpertext in Österreich verfasst", Burgenland Heute (ORF) 31. Januar 2024.
- Norbert Reichel, "Es ist Mai und wir Sitzen im Garten", Demokratischer Salon, Februar 2025.